Zeitleiste

Entdecken Sie durch 34 wichtige Momente die großen, kleinen, bedrohlichen und hoffnungsvollen Ereignisse in der Zeit, in der Anne aufwächst und in der sie in den besetzten Niederlanden ihr Tagebuch schreibt.

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Ermordung des österreichischen Thronfolgers: Der Erste Weltkrieg bricht aus

28. Juni 1914 Sarajevo

In Sarajevo ermorden serbische Nationalisten Österreichs Thronfolger Franz Ferdinand und dessen Frau Sophie. Als die beiden die Stadt besuchen, feuert der bosnisch-serbische Attentäter Gavrilo Princip zwei tödliche Schüsse auf sie ab.

Daraufhin stellt Österreich-Ungarn Serbien ein Ultimatum. Sollte Serbien die darin aufgeführten Bedingungen nicht erfüllen, wird Österreich-Ungarns Armee in Serbien einrücken. Die Serben akzeptieren die Forderungen mit einer Ausnahme. Sie wollen die geforderte Untersuchung des Mordes selbst übernehmen, ohne die Einmischung österreichisch-ungarischer Vertreter. Österreich-Ungarn ist damit nicht einverstanden und erklärt am 28. Juli 1914 Serbien den Krieg.

Dass die Krise zu einem Weltkrieg führt, liegt unter anderem an den Bündnissen zwischen den europäischen Ländern. Da die Staaten untereinander Verträge über militärische Hilfe im Kriegsfall geschlossen haben, bilden sich zwei Lager: Die Mittelmächte (Österreich-Ungarn und das Deutsche Reich) gegenüber der Entente (Frankreich, Russland und Großbritannien).

Beide Lager erwarten einen kurzen Krieg. Das erweist sich als Irrtum. Der Erste Weltkrieg wird vier Jahre dauern. Millionen Soldaten aus der ganzen Welt kommen ums Leben.

Otto Frank im Ersten Weltkrieg

6. August 1915 Deutschland

Im August 1915 tritt Otto Frank in die deutsche Armee ein. Er absolviert eine Ausbildung zum Kanonier. Ab Herbst 1915 ist er an der Westfront stationiert. Er gehört einem Lichtmesstrupp an. Das ist eine Einheit, die den Standort gegnerischer Geschütze erkennt und berechnet und Informationen über die Flugbahn von Geschossen an die Artillerie weiterleitet.

Er nimmt 1916 an der Schlacht an der Somme teil, wo fast eine halbe Million deutsche Soldaten fallen. Ein Jahr später wird Otto zum Unteroffizier befördert und im Jahr darauf zum Leutnant der Reserve.

Auch Ottos Brüder Herbert und Robert sind in der deutschen Armee. Ihre Mutter Alice Frank-Stern und Schwester Leni Frank arbeiten als Krankenschwestern in einem Lazarett.

Fritz Pfeffer im Militärdienst

1. Dezember 1916 Deutschland

Fritz Pfeffer ist von August 1914 bis Dezember 1918 Unteroffizier in der deutschen Armee. Er nimmt an Schlachten in der Ukraine, Weißrussland und Lettland, aber auch in Frankreich teil. Für seine Verdienste erhält er einen Militärorden.

Die russische Revolution: Waffenstillstand mit dem Deutschen Reich

7. November 1917 Petrograd (St. Petersburg)

In Russland ist es im Frühjahr 1917 sehr unruhig. Das Land ist kriegsmüde und es herrscht Hunger. Im März  dankt Zar Nikolaus II. nach tagelangen Protesten ab. Ein halbes Jahr später verüben die Kommunisten unter der Leitung von Wladimir Lenin einen Staatsstreich. Dieser Umsturz wird als Oktoberrevolution bezeichnet. Die Kommunisten werden aufgrund ihrer Losung „Frieden, Land und Brot“ von einem Teil der Bevölkerung unterstützt. Die Provisorische Regierung wird abgesetzt.

Um ihr Friedensversprechen zu erfüllen, müssen die Kommunisten den Krieg mit Deutschland beenden. Lenin schickt seinen engsten Mitarbeiter Leo Trotzki im Dezember 1917 nach Brest-Litowsk (im heutigen Weißrussland), um mit den Deutschen zu verhandeln. Die deutsche Delegation stimmt am 3. März 1918 einem Waffenstillstand zu; im Gegenzug verzichten die Russen auf große Gebiete ihres Territoriums. Die Deutschen brauchen nun nicht mehr an zwei Fronten zu kämpfen, aber viele deutsche Truppeneinheiten müssen trotzdem noch im Osten bleiben, weil dort die Lage nach wie vor sehr unruhig ist.

Deutschland verliert den Krieg: Proteste gegen den Versailler Vertrag

15. Mai 1919 Berlin

Als der Erste Weltkrieg 1918 endet, beginnen in Paris Friedensverhandlungen. Deutschland wird zum Hauptverantwortlichen für den verheerenden Krieg erklärt. Diese Vereinbarungen stehen im Friedensvertrag von Versaille, genannt nach dem Schloss, in dem die Vertreter der Länder den Vertrag unterschreiben.

Der Versailler Vertrag stößt bei der deutschen Bevölkerung auf wütende Ablehnung. Deutschland muss nämlich einen enorm hohen Betrag als Schadensersatz an die Länder zahlen, gegen die es gekämpft hat. Außerdem wollen Frankreich, Großbritannien und die USA verhindern, dass Deutschland erneut stark genug wird, um einen Krieg anzufangen. Deutschland darf nur noch eine kleinere Armee besitzen.

Deutschland muss auch Gebiete abtreten. Frankreich erhält Elsass-Lothringen und die Kohlegruben im Saargebiet. Das Rheinland darf Deutschland behalten, dort aber keine Soldaten stationieren. Die deutsche Verwaltung im Rheinland wird ersetzt durch eine Verwaltung von Großbritannien und Frankreich - den ältesten Feinden Deutschlands. Im Osten verliert Deutschland ein großes Gebiet. Es wird ein Teil von Polen, das auch Land von Russland und Österreich-Ungarn bekommt. Außerdem verliert Deutschland seine Kolonien in Afrika und Asien.

Die Deutschen meinen, zu Unrecht die Schuld am Krieg bekommen zu haben. Den Verlust von Gebieten sehen sie als Demütigung. Die immens hohen Reparationszahlungen führen außerdem zu großer Armut im Land.

Armut und Hunger in Wien: Miep Gies kommt in die Niederlande

1. Dezember 1920 Wien

Im Dezember 1920 kommt Miep Gies in die Niederlande. Sie heißt ursprünglich Hermine Santrouschitz und stammt aus Wien, der Hauptstadt Österreichs. Sie ist 11 Jahre alt, als ihre Eltern sie in die Niederlande schicken, damit sie sich von Tuberkulose und Unterernährung erholt. Eine Pflegefamilie in Leiden nimmt sie auf. Hier fühlt sie sich wie zu Hause, und mit Erlaubnis ihrer biologischen Eltern bleibt sie in den Niederlanden.

Der Staat Österreich ist entstanden, nachdem das Kaiserreich Österreich-Ungarn am Ende des Ersten Weltkriegs zerfiel. Es kostete viel Mühe, das Land wieder aufzubauen. In der Hauptstadt Wien herrscht Hungersnot. Für die kranken und durch Hunger geschwächten Kinder wird in Großbritannien, Frankreich, der Schweiz und den Niederlanden ein Verschickungsprogramm organisiert. Amerikanische Hilfsorganisationen unterstützen die Kinder, die im Land bleiben.

Das Parteiprogramm der NSDAP

24. Februar 1924 München

1920 wird die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) gegründet. Sie geht aus der Deutschen Arbeiterpartei (DAP) hervor, doch unter Hitlers Einfluss wurde der Name geändert. Ihr Programm umfasst 25 Punkte. Ein paar wichtige Punkte sind:

  • Gemeinnutz geht vor Eigennutz
  • Der Versailler Vertrag soll aufgehoben werden
  • Das Land soll von einer starken Zentralgewalt regiert werden
  • Wegen des Bevölkerungswachstums ist mehr Land nötig
  • Verbrecher sollen die Todesstrafe erhalten
  • Manche Einwohner Deutschlands können keine Staatsbürger sein, und nur Staatsbürger haben gleiche Rechte

Das Programm enthält viele antisemitische Punkte:

  • Juden gehören nach Ansicht der Nazis nicht zum deutschen Volk, da sie nicht „deutschen Blutes“ sind. Deshalb sind sie auch keine Staatsbürger
  • Da Juden keine Staatsbürger sind, sind sie „als Gast“ in Deutschland. Für „Gäste“ gelten andere Gesetze
  • Juden dürfen keine Beamte sein, da sie keine Staatsbürger sind
  • Wenn es der deutschen Regierung nicht möglich ist, für ihre Staatsbürger zu sorgen, müssen „Gäste“ - wie die Juden - aus dem Land abgeschoben werden
  • Menschen aus anderen Ländern dürfen nicht mehr nach Deutschland kommen, wenn sie keine Staatsbürger sind. Alle nichtdeutschen Einwanderer ab 1914 müssen das Land verlassen
  • Nur „deutsche Volksgenossen“ dürfen Journalisten, Redakteure oder Besitzer von Zeitungen sein. Juden also nicht
  • Die jüdische Religion wird bekämpft

Dieses Parteiprogramm bleibt in Kraft, so lange die Partei existiert.

Adolf Hitler veröffentlicht „Mein Kampf“

18. Juli 1925 München

Am 18. Juli 1925 erscheint Hitlers Buch Mein Kampf. Er schreibt es im Gefängnis, wo er die Strafe für einen gescheiterten Putsch 1923 absitzt.

In Mein Kampf schreibt Hitler über seine Ideologie und präsentiert sich als Führer der extremen Rechten. Er beschreibt sein Leben und erzählt von seiner Jugend, seiner „Bekehrung“ zum Antisemiten (jemand, der Jüdinnen und Juden hasst) und seiner Zeit als Soldat im Ersten Weltkrieg.

Er wettert gegen den Versailler Vertrag und die Reparationen, die Deutschland wegen des Vertrages leisten muss. Er glaubt nicht an die parlamentarische Demokratie. Außerdem ist Mein Kampf voll von rassistischen Vorstellungen und Hass gegen Juden und Kommunisten.

Hitler schreibt in Mein Kampf viel über Deutschlands Zukunft. Er will mehr Gebiete für Deutschland in Osteuropa und er will, dass keine Jüdinnen und Juden mehr in Deutschland leben, weil sie seiner Ansicht nach eine Gefahr für den Fortbestand des deutschen Volkes sind. In Mein Kampf stehen nicht die Pläne für den späteren Massenmord während des Zweiten Weltkriegs (der Holocaust), doch das Buch zeigt, dass Hitlers Judenhass schon früh besteht.

Anne Frank wird geboren

12. Juni 1929 Frankfurt am Main

Am 12. Juni 1929 wird Anne Frank in Frankfurt am Main in der Rotkreuz-Klinik Maingau geboren. Sie wiegt gut 4 Kilo und ist 54 cm groß. Am nächsten Tag kommt Margot zu Besuch, die sich über ihre kleine Schwester sehr freut. Zehn Tage später dürfen Anne und ihre Mutter Edith nach Hause.

Bis März 1931 wohnen Anne und ihre Familie am Marbachweg 307 in Frankfurt am Main. Hier verleben Anne und Margot eine unbeschwerte Zeit. Im Viertel wohnen viele andere Kinder, und fast täglich kommen Freunde und Freundinnen und spielen mit Margot. Anne ist oft im Sandkasten zu finden, der im Garten steht. Sie ist noch zu klein, um den Garten zu verlassen. Margot darf hinaus und spielt oft auf der Straße mit anderen Kindern.

Hitler und die Nazis kommen in Deutschland an die Macht

30. Januar 1933 Berlin

Adolf Hitler wird am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt und leitet nun die deutsche Regierung. Der Wunsch der Nazis, an die Macht zu kommen, geht in Erfüllung. „Es ist fast wie ein Traum. Die Wilhelmstraße [Sitz der Reichskanzlei] gehört uns“, schreibt der spätere Propagandaminister Joseph Goebbels in sein Tagebuch.

Noch am selben Abend veranstalten die Nazis einen Fackelzug durch Berlin. Mitglieder der SA marschieren in ihren Uniformen durch das Brandenburger Tor und am neuen Amtssitz ihres Führers entlang. Trotz der beeindruckenden Propagandabilder, die Goebbels nachträglich inszeniert, sind längst nicht alle Deutschen davon beeindruckt. Viele erwarten, dass Hitler sich nicht lange halten wird.

Nach seiner Ernennung ist Hitler kein Alleinherrscher. In seinem neuen Kabinett sind nur zwei Mitglieder seiner Partei, der NSDAP. Die anderen Minister gehören anderen Parteien des rechten Spektrums an. Es gelingt Hitler allerdings, seine Leute auf wichtigen Positionen unterzubringen. Wilhelm Frick wird Reichsinnenminister und Hermann Göring erhält die Kontrolle über die preußische Polizei. Das verschafft Hitler relativ viel Macht innerhalb von Deutschland.

Anne Frank emigriert nach Amsterdam: ein neues Leben in einer neuen Stadt

16. Februar 1934 Amsterdam

Anne Frank kommt im Februar 1934 nach Amsterdam. Ihr Vater Otto wohnt dort bereits seit gut einem halben Jahr. Er hat Deutschland im Juli 1933 verlassen, um in den Niederlanden seine Firma Opekta aufzubauen. Edith kommt im September nach Amsterdam und geht auf Wohnungssuche. Anne und ihre Schwester Margot bleiben in dieser Zeit bei ihrer Großmutter in Aachen.

Im Dezember kommt Margot nach Amsterdam, und im Februar 1934 folgt Anne. Margot geht schon ab Januar zur Schule, Anne ab April. Sie lernt schnell Niederländisch und gewinnt leicht neue Freundinnen.

[Zitat von] Otto über Anne: „Kaum kam sie ins Zimmer, entstand schon Bewegung, besonders da sie oft eine ganze Gesellschaft von Kindern mitbrachte. Sie war sehr beliebt, da sie auch immer Ideen hatte, was und wo man spielen und etwas anstellen könnte.“

Beginn des Zweiten Weltkriegs: Deutschland überfällt Polen

1. September 1939 Polen

Am Morgen des 1. September 1939 ertönt Hitlers Stimme im Radio. Er sagt, Polen habe Deutschland angegriffen. „Seit 5.45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen.“ Aber seine Behauptung vom Angriff Polens ist eine Lüge. Deutsche Militärangehörige, verkleidet als polnische Soldaten, haben einen Rundfunksender in der Grenzstadt Gleiwitz angegriffen und falsche Informationen verbreitet. So schafft sich Hitler einen Vorwand für den Angriff auf Polen.

Die deutsche Wehrmacht geht mit großer Gewalt vor. Vor allem die Luftwaffe richtet großen Schaden an. Nach schweren Bombardierungen liegt die polnische Hauptstadt Warschau in Trümmern. Zehntausende Soldaten kommen um. Großbritannien und Frankreich haben versprochen, Polen im Fall eines deutschen Angriffs zu helfen. Sie erklären Deutschland deshalb den Krieg. Der Zweite Weltkrieg hat begonnen.

Hitler greift Polen an, weil er will, dass Deutsche das Gebiet bewohnen. Er betrachtet die polnische Bevölkerung als minderwertig und nur zur Arbeit geeignet. In den letzten drei Monaten des Jahres 1939 ermorden die Nazis 65.000 jüdische und nichtjüdische Polinnen und Polen.

Während sich Polen im Westen gegen Deutschland verteidigt, greift die Sowjetunion das Land am 17. September im Osten an. Dieser Zweifrontenkrieg ist zu viel für Polen. Am 6. Oktober 1939 kapitulieren die letzten Truppen.

Große Razzia in Amsterdam: Erste Deportation jüdischer Niederländer

22. und 23. Februar 1941 Amsterdam

Am Samstag, dem 22., und Sonntag, dem 23. Februar 1941 treiben bewaffnete Mitglieder der deutschen Ordnungspolizei jüdische Männer auf dem Jonas Daniël Meijerplein in Amsterdam zusammen. Fast 400 Männer im Alter von 18 bis 35 Jahren werden festgenommen, mit Gewalt in Lastwagen getrieben und deportiert. Die Razzia ist eine Vergeltungsaktion der Nazis für Straßenkämpfe zwischen Juden, antisemitischen Schlägertrupps und der deutschen Polizei.

In den Wochen vor der Razzia ist es unruhig in Amsterdam. Schlägertrupps der NSB (der niederländischen Nationalsozialistischen Bewegung) suchen ständig die Konfrontation mit Juden. Es kommt zu Straßenkämpfen. Am 11. Februar wird ein NSB-Mann so schwer verletzt, dass er wenige Tage später stirbt. Die antisemitische Presse macht die Juden für seinen Tod verantwortlich.

Kurz darauf werfen Unbekannte die Scheiben des Eissalons Koco ein. Er gehört zwei Juden, die aus Deutschland geflüchtet sind. Jüdische und nichtjüdische Kunden bilden daraufhin eine Selbstverteidigungsgruppe, um den Laden zu beschützen. Als am 19. Februar die deutsche Ordnungspolizei in den Laden stürmt, bekommt sie Ammoniakgas ins Gesicht gesprüht.

Die deutschen Behörden nehmen den Angriff auf ihre Polizisten nicht hin. Um jeden weiteren Widerstand zu unterbinden, veranstalten sie die Razzia an dem Wochenende 22. / 23. Februar.

Die verhafteten Juden werden in das Lager Schoorl gebracht, wo acht von ihnen freigelassen wurden. Von dort aus werden sie in das Konzentrationslager Buchenwald und dann in das Konzentrationslager Mauthausen in Österreich verschleppt. Nur zwei von ihnen überlebten.

Die Besitzer des Eissalons Koco werden schwer bestraft. Ernst Cahn wird am 3. März 1941 von den Deutschen auf der Waalsdorpervlakte hingerichtet. Alfred Kohn kommt in Auschwitz um.

Die Amsterdamer Bevölkerung ist von den harten deutschen Maßnahmen schockiert. Ein paar Tage später kommt es aus Protest zu einem großen Streik.

Unternehmen Barbarossa: Deutschland überfällt die Sowjetunion

22. Juni 1941 Sowjetunion

Am 22. Juni 1941 startet Deutschland einen Großangriff auf die Sowjetunion, den kommunistischen Staat, der aus Russland und einigen Nachbarländern besteht. Dieser Angrif hat den Decknamen „Unternehmen Barbarossa“ und wurde von Hitler und der Wehrmacht monatelang vorbereitet. Drei Millionen deutsche Soldaten überschreiten die Grenze. Damit endet der Nichtangriffspakt zwischen den beiden Ländern, den sie vor dem Überfall auf Polen 1939 geschlossen hatten. Es gibt drei Fronten. Eine richtet sich gegen die von der Sowjetunion annektierten baltischen Staaten im Norden, eine zweite rückt Richtung Moskau vor und eine dritte greift die Ukraine und den Süden Russlands an.

Der deutsche Angriff überrascht die sowjetische Führung. Stalin, der Diktator des Landes, glaubt nicht, dass Deutschland bereits ausreichend auf einen Krieg vorbereitet ist. Er selbst ist es auch nicht. Deshalb können die deutschen Truppen ohne viel Gegenwehr vorrücken. Hitler hofft auf einen raschen Sieg, denn die strategische Lage und die Getreide- und Ölvorräte der Sowjetunion sind unverzichtbar, wenn Deutschland Europa weiterhin beherrschen will. Während des Feldzuges fallen in den ersten neun Monaten eine Million deutsche Soldaten.

Deutschland führt einen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion, das größte kommunistische Land der Welt. Die Nazis betrachten Kommunisten - neben den Juden - als ihren größten Feind. Für die Nazis sind auch die Russen und die Völker im asiatischen Teil der Sowjetunion minderwertige Menschen. Sie sollen deutschen Siedlern weichen. Deshalb behandelt die deutsche Armee die Bevölkerung und die gefangen genommenen Soldaten unmenschlich. Millionen Menschen verhungern, sterben an Krankheiten oder werden ermordet.

Das Novemberpogrom zeigt: Juden haben in Deutschland keine Zukunft

9. November 1938 Deutschland

Am 9. November verüben Nazis in ganz Deutschland, Österreich und im Sudetenland (im heutigen Tschechien) Gewalttaten gegen Juden. Sie demütigen Juden in Umzügen, misshandeln sie und sperren sie in Konzentrationslager. Außerdem zerstören sie jüdisches Eigentum. Ein so gewalttätiger Angriff auf Juden wird Pogrom genannt.

Wegen der vielen zertrümmerten Schaufensterscheiben wird dieses Pogrom auch als „Kristallnacht“ bezeichnet. Synagogen werden in Brand gesteckt, und die Feuerwehr darf die Brände nicht löschen. Die Jüdinnen und Juden müssen den Schaden selbst bezahlen und bekommen von der Regierung eine gemeinsame „Sühneleistung“ von 1 Milliarde Reichsmark auferlegt.

Der direkte Anlass für das Novemberpogrom ist die Ermordung eines deutschen Diplomaten in Paris. Herschel Grynszpan, der Attentäter, rächt sich damit für die schlechte Behandlung seiner Familie. Als polnische Juden hatten sie 27 Jahre in Deutschland gelebt und wurden von der Gestapo (Geheime Staatspolizei) nach Polen abgeschoben.

Das Novemberpogrom zeigt, wie der Judenhass der Nazis nun in Aggression und Verfolgung mündet - und dass fast niemand den jüdischen Bürger*innen zu Hilfe kommt.

Hitlers erste militärische Aktion: Deutsche Truppen besetzen das Rheinland

7. März 1936 Deutschland

Deutsche Truppen besetzen am Morgen des 7. März 1936 das Rheinland. Dieser Teil Deutschlands grenzt an Frankreich. Im Versailler Vertrag steht, dass Deutschland dort keine Soldaten stationieren darf.

Hitler geht ein großes Risiko ein, denn er weiß nicht, wie die Länder der Entente reagieren werden. Er setzt nur 3.000 Soldaten ein. Damit seine Armee größer wirkt, marschieren auch Polizisten mit. Alle haben den Befehl, den Rückzug anzutreten, wenn das Ausland eingreift.

Das geschieht nicht. Das Ausland ergreift so gut wie keine Gegenmaßnahmen. Deutschlands alte Feinde Frankreich und Großbritannien haben mit Problemen im eigenen Land genug zu tun. Sie fürchten sich auch vor einem neuen Krieg. Manche meinen außerdem, dass Deutschland das Rheinland zurück bekommen soll. Das Gebiet war bis nach dem ersten Weltkrieg immer deutsch und schon Hitlers Vorgänger wollten es zurückhaben.

Hitlers Wagnis geht gut für ihn aus. Das gibt ihm den Mut, zu versuchen, andere internationale Abkommen zu brechen. Mit der Besetzung des Rheinlands hat er außerdem Frankreich einen strategischen Vorteil genommen. Das kann ihm bei einem neuen Krieg nützen, denn er kann seine Armee nun wieder an der Grenze zu Frankreich stationieren. In Deutschland wächst seine Beliebtheit, weil er diesen „Schandfleck“ des Versailler Vertrages beseitigt hat. Deutschland spielt wieder eine Rolle.

Das ehemalige Versteck wird ein Museum: das Anne Frank Haus

3. Mai 1960 Amsterdam

Am 3. Mai 1960 öffnet das Hinterhaus an der Prinsengracht 263 seine Türen für das Publikum. Das gesamte Gebäude ist noch nicht saniert, aber das Hinterhaus kann bereits besichtigt werden. Im Vorderhaus entstehen Räume für Ausstellungen und Dokumentationen.

Das Hinterhaus bleibt auf Wunsch von Otto Frank leer. Nach der Verhaftung der Untergetauchten hatten die Besatzer es ausgeräumt und Otto will es so lassen.

Otto Frank sagt bei der Eröffnung: „Ich bitte um Verzeihung, wenn ich hier in diesem Haus nicht viel zu Ihnen sage. Sie verstehen sicher, dass der Gedanke an alles, was hier geschehen ist, zu schmerzlich für mich ist. Ich kann Ihnen allen nur für das Interesse danken, dass Sie durch Ihre Anwesenheit bekunden. Und ich hoffe, dass Sie auch in Zukunft die Arbeit des Anne Frank Hauses und des Internationalen Jugendzentrums moralisch und in jeder anderen Hinsicht unterstützen.“

Annes Wunsch geht in Erfüllung: „Das Hinterhaus" erscheint als Buch

25. Juni 1947 Amsterdam

Am 25. Juni 1947 geht Annes Wunsch in Erfüllung. An diesem Tag erscheint in den Niederlanden Het Achterhuis. Dagboekbrieven van 14 juni 1942 - 1 augustus 1944 (Das Hinterhaus. Tagebuchbriefe vom 14. Juni 1942 - 1. August 1944). Die erste Auflage besteht aus 3.000 Exemplaren.

(Zitat von) Anne Frank: „Stell Dir vor, wie interessant es wäre, wenn ich einen Roman vom Hinterhaus veröffentlichen würde. Nur vom Titel her würden die Leute denken, es wäre ein Kriminalroman.“

Das Buch erhält in den Niederlanden lobende Kritiken. Die niederländische Erstausgabe ist deshalb schnell ausverkauft. Schon nach einem halben Jahr, im Dezember 1947, erscheint die zweite Auflage.

Die Untergetauchten sind entdeckt worden: Sie werden eingesperrt

4. August 1944 Amsterdam

Am Vormittag des 4. August 1944 hilft Otto Frank Peter van Pels beim Englischlernen. Edith ist in ihrem Zimmer. Kriminalbeamte erscheinen im Haus Prinsengracht 263 in Amsterdam. Sie gehen ins Büro im ersten Stock, wo die Helfer*innen der Untergetauchten arbeiten. Die Polizeibeamten verhören Victor Kugler und durchsuchen in seinem Beisein das Haus. Als sie in den Raum mit dem schwenkbaren Bücherschrank gelangen, entdecken sie das Versteck mit den Untergetauchten.

Die Untergetauchten werden zusammen mit den Helfern Johannes Kleiman und Victor Kugler in das SD-Gefängnis an der Euterpestraat gebracht. Sie werden einzeln verhört und sollen aussagen, ob sie weitere Verstecke von Untergetauchten kennen. Johannes und Victor schweigen. Otto Frank antwortet, dass sie in den 25 Monaten im Hinterhaus jeden Kontakt mit Freunden und Bekannten verloren haben und deshalb nichts wissen.

Dann werden Untergetauchte und Helfer getrennt. Johannes Kleiman und Victor Kugler müssen in das Gefängnis am Amstelveenseweg, die acht Untergetauchten in das Gefängnis an der Weteringschans. Die Helferinnen Miep Gies und Bep Voskuijl sind nicht verhaftet worden. Nach einer Weile gehen sie in das leere Versteck. Sie finden Annes Tagebücher, die dort zurückgeblieben sind. Miep bewahrt sie bis nach dem Krieg auf.

Anne und Margot sterben entkräftet im Konzentrationslager Bergen-Belsen

Februar 1945 Bergen-Belsen

Anne und ihre Schwester Margot werden Ende 1944 in einem überfüllten Zug in das Konzentrationslager Bergen-Belsen gebracht. Ihre Mutter Edith bleibt in Auschwitz zurück.

Anne Frank begegnet in Bergen-Belsen Kindern, die sie aus Amsterdam kennt. Sie spricht zum Beispiel noch mit Nanette Blitz und Hanneli Goslar, ehemaligen Mitschülerinnen.

Im Winter 1944–1945 verschlimmert sich die Situation in Bergen-Belsen noch sehr stark. Es gibt kaum etwas zu essen und es ist schmutzig und voller Ungeziefer. Viele Gefangene werden krank. Margot und Anne bekommen Fleckfieber und sterben im Februar 1945. Über ihre letzten Tage ist nichts bekannt.

(Zitat von) Rachel van Amerongen: „Eines Tages waren sie einfach nicht mehr da.“

Otto kehrt nach Amsterdam zurück

3. Juni 1945 Amsterdam

Am 21. Mai 1945 legt das Schiff „Monowai“ in der ukrainischen Hafenstadt Odessa ab. Otto Frank ist einer der Passagiere. Sechs Tage später kommt er im Hafen von Marseille an. Er fährt fast sofort weiter nach Amsterdam und klingelt am Abend des 3. Juni an der Tür von Jan und Miep Gies, die ihm im Versteck geholfen hatten. Johannes Kleiman und seine Frau und Fritz Pfeffers Verlobte kommen sofort vorbei. Auch die anderen Helfer*innen haben den Krieg überlebt.

Otto weiß, dass Edith gestorben ist, aber er weiß noch nichts über Annes und Margots Schicksal. Jeden Tag geht er zum Amsterdamer Hauptbahnhof und hofft, dass sie unter den Menschen sind, die aus den Konzentrationslagern zurückkehren. Er gibt eine Zeitungsanzeige auf, um etwas über sie in Erfahrung zu bringen. Otto arbeitet auch wieder für die Firmen Opekta und Pectacon.

Anne bekommt ein Tagebuch

12. Juni 1942 Amsterdam

Zum dreizehnten Geburtstag bekommt Anne Frank ein Tagebuch geschenkt. „Vielleicht ja eins meiner schönsten Geschenke ...“, schreibt sie über das rotkarierte Büchlein. Eine Überraschung ist es nicht, denn Anne hatte es sich selbst ausgesucht ...

Auf das Vorblatt schreibt sie: „Ich werde dir, hoffe ich, alles anvertrauen können wie sonst noch nie jemandem, und ich hoffe, du wirst mir eine große Stütze sein. Anne Frank. 12. Juni 1942.“

Zwei Tage später schreibt sie weiter. Über das, was sie erlebt und mit wem, über ihre Geburtstagsfeier, die Geschenke, ihre Freundinnen, ihre Verliebtheit, ihre Familiengeschichte und ihre Schulklasse.

Fritz Pfeffer flüchtet aus Deutschland in die Niederlande

9. Dezember 1938 Amsterdam

Fritz Pfeffer ist Zahnarzt in Berlin. Er ist mit Charlotte Kaletta verlobt, einer Katholikin. Das Paar kann nicht heiraten, da die deutschen Rassengesetze Eheschließungen zwischen Juden und Nichtjuden verbieten.

In der Pogromnacht im November 1938 werden in ganz Deutschland Juden misshandelt und verhaftet. Synagogen werden in Brand gesteckt, Läden und anderer jüdischer Besitz verwüstet. Für Fritz ist das der Moment, aus Deutschland zu fliehen. Seinen kleinen Sohn Werner schickt er am 1. Dezember per Schiff zu seinem Bruder nach Großbritannien. Fritz selber flüchtet in die Niederlande. Charlotte folgt ihm drei Wochen später.

In den Niederlanden können die beiden auch nicht heiraten, da der niederländische Staat aufgrund eines alten Vertrages das in Deutschland geltende Gesetz befolgen muss. Fritz will in Belgien heiraten, doch dorthin kann er nicht, da sein Pass abgelaufen ist. Er beabsichtigt, nach Chile auszuwandern und dort auf einem Gestüt zu arbeiten. Fritz ist nämlich ein großer Pferdeliebhaber. Der Krieg macht diese Pläne zunichte.

1942 taucht Fritz im Hinterhaus unter, wo er sich ein Zimmer mit Anne Frank teilt.

Deutschland bombardiert Rotterdam. Die Niederlande kapitulieren

14. Mai 1940 Rotterdam

Rotterdam ist ein wichtiges Ziel während des deutschen Angriffs am 10. Mai 1940. Fallschirmspringer und Soldaten, deren Flugzeuge auf dem Wasser gelandet sind, versuchen die Brücken zu erobern. Die niederländische Armee kämpft entschlossen gegen die Angreifer. Es gelingt den Deutschen nicht, die Stadt einzunehmen. Der deutsche General Schmidt stellt dem niederländischen Befehlshaber deshalb am 14. Mai ein Ultimatum: Wenn Rotterdam sich nicht am selben Nachmittag ergibt, wird die Stadt bombardiert.

Die Unterhändler in Rotterdam wissen nicht, dass die Wehrmachtsführung in Berlin andere Pläne hat. Hermann Göring, Oberbefehlshaber der Luftwaffe, will mit schweren Bombenangriffen auf zivile Ziele die gesamten Niederlande zur Kapitulation zwingen. Noch ehe das Ultimatum abläuft, erscheinen die deutschen Flugzeuge und werfen ihre Bomben über dem Stadtzentrum ab. Als sich der Rauch verzieht, sind fast 80.000 Menschen obdachlos und ungefähr 850 Menschen tot.

Deutschland droht, auch die Stadt Utrecht zu bombardieren. Die Niederlande haben keine andere Wahl, als zu kapitulieren. In einem Schulgebäude im Süden Rotterdams unterzeichnet der niederländische General Winkelman am 15. Mai die Kapitulationsurkunde. Damit haben die Niederlande offiziell kapituliert.

Die Niederlage ist ein harter Schlag für die niederländischen Soldaten und Zivilisten. Zugleich sind viele Menschen auch erleichtert, dass die Anspannung vorbei ist. Für viele jüdische Niederländer*innen ist die Situation eine andere. Sie kennen die schlimmen Berichte über die Nazis. Nun kommen die Nazis auch in die Niederlande und sind eine Bedrohung. In den Monaten nach dem Überfall nehmen sich Hunderte Juden und Jüdinnen das Leben.

Die niederländische Regierung macht den Personalausweis zur Pflicht

1. April 1941 Niederlande

Ab April 1941 müssen alle Niederländer*innen ab 15 Jahren einen Personalausweis haben. Dieser Ausweis enthält ein Passfoto und einen Fingerabdruck sowie eine Nummer. In die Ausweise von Jüdinnen und Juden wird später ein großes „J“ gestempelt. Ab 1. Januar 1942 ist es Pflicht, diesen Ausweis bei sich zu tragen.

Für die deutschen Besatzer und die niederländische Polizei ist der Ausweis ein wichtiges Hilfsmittel, um Juden und Widerstandskämpfer*innen aufzuspüren oder Menschen, die sich der Pflicht zum Arbeitseinsatz entziehen wollen. Entwickelt wurde der Ausweis von dem niederländischen Beamten Jacob Lentz. Er erstellt auch ein Bevölkerungsregister und ein Register zur Erfassung aller Jüdinnen und Juden.

Durch die Verwendung von Spezialtinte, Stempeln, Leim und Papier mit einem Wasserzeichen ist es fast unmöglich, den Ausweis zu fälschen. Anhand der Ausweisnummer können die persönlichen Daten außerdem mit dem lokalen oder landesweiten Verwaltungsregister abgeglichen werden.

So kann ein Polizist bei einer gründlichen Kontrolle sogar eine praktisch perfekte Fälschung entdecken. Eine Fälschung ist nur möglich, wenn die Daten einer nicht existierenden Person in der zentralen Verwaltung registriert sind. Mit diesen Daten kann dann ein neuer Ausweis hergestellt werden. Das geht nur, wenn vertrauenswürdige Beamte mitwirken.

Lentz‘ Perfektionismus hat viele seiner Landsleute das Leben gekostet oder sie in große Schwierigkeiten gebracht.

Die letzten Monate in Frankfurt

10. März 1933 Frankfurt am Main

Anne, Edith und Margot Frank in einer Passfotokabine mit Waage im Kaufhaus Tietz in Frankfurt. Dies ist eine ist eines der wenigen Fotos, die aus jener Zeit erhalten geblieben sind.

Im März 1933 ziehen sie um in das Haus ihrer Großmutter Alice Frank in Frankfurt, wo Otto und Edith auch nach ihrer Hochzeit gewohnt haben.

Otto gründet Opekta in den Niederlanden

4. Juli 1933 Niederlande

Im August 1933 zieht Otto nach Amsterdam um. Er war vorher bereits regelmäßig in den Niederlanden wegen seiner Firma Opekta. Das ist die niederländische Filiale eines deutschen Unternehmens. Opekta ist ein Geliermittel für Marmelade. Es wird im Laden verkauft. Opekta macht in Deutschland viel Werbung, und Otto übernimmt die Werbung für die Niederlande. Die ersten Opekta-Anzeigen stehen in Limburger Zeitungen.

Die Firma startet im Juli 1933. Ende September nimmt Otto mit Opekta an einer Messe in Rotterdam teil, wo moderne Firmen dem allgemeinen Publikum ihre Produkte präsentieren. Es folgen noch viele Produktvorführungen für niederländische Hausfrauen.

Anne Frank in der Vorschule

9. April 1934 Amsterdam

Am 9. April 1934  geht Anne Frank in die Vorschule der Sechsten Montessorischule in Amsterdam. Die Schule ist ein paar Straßen von ihrer Wohnung entfernt. Anne bleibt bis 1941 in der Grundschule.

Eichmann führt eine Razzia in der Jüdischen Gemeinde Wien durch

18. März 1938 Wien

Am 18. März 1938 führt der SS-Mann Adolf Eichmann mit einem Trupp Nazis eine Razzia bei der Jüdischen Gemeinde in Wien durch. Sie durchsuchen das Haus und verhaften die leitenden Angestellten. Diese werden in das Konzentrationslager Dachau gesperrt. Die Jüdische Gemeinde wird von den Nazis aufgelöst.

Später holt Eichmann den Direktor Josef Löwenherz aus der Gefangenschaft zurück und öffnet die Gemeinde erneut. Eichmann will ihn nämlich zusammen mit seiner Organisation dazu benutzen, Juden aus Österreich hinauszuschaffen.

Löwenherz engagiert sich schon seit langem für die Emigration von Juden nach Palästina und hat internationale Kontakte. Auch andere jüdische Organisationen werden gezwungen, daran mitzuwirken.

Das ist der Beginn der „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“. Trotz des neutralen Namens handelt es sich um eine Organisation der SS (Schutzstaffel, militärische Abteilung der Nazipartei). Sie soll Juden so schnell wie möglich aus dem Land schaffen und ihnen vorher ihr Geld abnehmen. Mit dem Geld wohlhabender Juden werden die Kosten für arme Juden bezahlt. Das funktioniert so gut, dass die SS diese „Zentralstellen“ auch in Berlin und Prag eröffnet.

Auch Eichmanns Idee, jüdische Organisationen für die Nazipolitik zu instrumentalisieren, wird an anderen Orten in der Form von „Judenräten“ übernommen. Eichmann missbraucht hinterhältig die Hoffnung der Juden, sich selbst retten zu können.

Einweihung der liberal-jüdischen Synagoge in Amsterdam

6. Juni 1937 Amsterdam

Die Liberale Jüdische Gemeinde existiert in Amsterdam seit 1931. Durch die Flüchtlinge aus Deutschland gewinnt sie viele neue Mitglieder. Deshalb benötigt sie einen Raum für den Gottesdienst. 1937 mietet sie das Veranstaltungszentrum der Theosophischen Gesellschaft und nutzt es als Synagoge. Bei der Einweihung ist auch Heinrich Stern zugegen, der Vorsitzende der Liberalen Juden in Deutschland.

Auch Otto Frank gehört dem liberalen Judentum an und wirkt bei der Gründung der Synagoge mit.

Otto Frank auf einer Jugendkonferenz im Anne Frank Haus

Juli 1968 Amsterdam

Ab 1963 kommen jeden Sommer Jugendliche aus der ganzen Welt ins Anne Frank Haus. In den internationalen Sommerkonferenzen geht es um Themen wie Emanzipation, Religion und Menschenrechte.

Engagierter Leiter des Internationalen Jugendzentrums ist der Pädagoge und Psychologe Henri van Praag, ein Bekannter von Otto Frank. In den 60er Jahren finden auch Vorträge und Kurse statt.

So leitet der Rabbiner Yehuda Aschkenasy, ein Überlebender des Lagers Auschwitz, Begegnungen, die das Verständnis zwischen Juden und Christen fördern. Katholische und evangelische Pfarrer, Rabbiner, aber auch einfache Gläubige kommen zu diesen Veranstaltungen.

Im Anne Frank Haus finden in den 60er Jahren auch Abende mit Literatur und klassischer Musik statt. Die Interpret*innen bei den Musikabenden sind meist Studierende des Konservatoriums.

In der zweiten Hälfte der 60er Jahre ist Raum für Gesellschaftskritik. Mit Fotoausstellungen und anderen Mitteln werden zum Beispiel der Vietnamkrieg und die Apartheid in Südafrika angeprangert.

Johannes Kleiman mit Besuchern im Hinterhaus

1955 Amsterdam

Nachdem Otto Frank 1952 in die Schweiz gezogen ist, wird Johannes Kleiman wieder Direktor von Opekta. 1955 verlegen Opekta und Gies & Co den Firmensitz in andere Gebäude in der Stadt. Schon zu diesem Zeitpunkt möchten Menschen aus aller Welt das Hinterhaus besichtigen, das Anne Frank als Versteck gedient hat.

Wenn es nötig ist, geht Kleiman zurück in das leere Haus und führt Besucher*innen durch den ehemaligen Unterschlupf.

Otto Franks Tod

19. August 1980 Basel

Otto Frank stirbt im Alter von 91 Jahren in Basel am 19. August 1980. Sein Tod bekommt weltweite Aufmerksamkeit. Fritzi Frank-Markowitz, seine Witwe, erhält Hunderte von Beileidsbriefen.  Der niederländische Rabbiner Avraham Soetendorp zelebriert den Trauergottesdienst.

Annes Tagebücher und ihre anderen Originaldokumente werden dem niederländischen Staat übereignet und vom Niederländischen Institut für Kriegsdokumentation (NIOD) verwaltet. Das Urheberrecht an Anne Franks Texten erhält der Anne Frank Fonds in Basel, Schweiz.

Deutsche Soldaten und niederländische Kollaborateure ergreifen die Flucht

5. September 1944 Niederlande

Im Garten eines Hauses in Amsterdam - zwischen Keizersgracht und Kerkstraat - haben deutsche Truppenangehörige ihre Waffen zurückgelassen. Wie zahlreiche andere deutsche Soldaten sind sie am Dienstag, dem 5. September 1944, überstürzt geflohen. Sie haben gehört, dass die Alliierten im Süden der Niederlande die Grenze überschritten haben und rasch nach Norden vorrücken. Die Truppeneinheiten, die in Amsterdam zurückbleiben, zerstören in wenigen Tagen mit Sprengstoff die Hafenanlagen von Amsterdam und Rotterdam.

Aus Angst vor Vergeltung wagen es auch viele Kollaborateure nicht mehr, in den Niederlanden zu bleiben. Sie machen sich am selben Tag in den Osten der Niederlande oder nach Deutschland auf.

Die deutschen Besatzer räumen das Konzentrationslager Vught und schicken 2.800 Männer nach Sachsenhausen und 650 Frauen nach Ravensbrück. Ungefähr die Hälfte von ihnen stirbt hier schließlich.

Viele Niederländer gehen auf die Straße oder hängen die niederländische Fahne heraus. Aber die Nachricht von der Ankunft der Alliierten erweist sich als falsch. Sie sind erst seit ein paar Tagen in Belgien. Erst eine Woche späer werden die ersten Orte in den Niederlanden befreit.

Dieser Tag wird schon bald als „Dolle Dinsdag“ (Verrückter Dienstag) bezeichnet.

Die Familie van Pels taucht unter

13. Juli 1942 Amsterdam

Eine Woche, nachdem die Familie Frank untergetaucht ist, kommen Hermann und Auguste van Pels mit ihrem Sohn Peter auch ins Versteck. Sie erhalten zwei Zimmer im zweiten Stock des Hinterhauses und haben dort wenig Privatsphäre. Der Raum von Hermann und Auguste dient auch als Küche und gemeinsames Esszimmer. Von Peters Zimmer aus führt eine Treppe auf den Dachboden. Dort werden Lebensmittelvorräte aufbewahrt.

Hermann und Otto haben zusammen mit den Mitarbeitern Victor Kugler und Johannes Kleiman das Versteck vorbereitet. Im Zimmer von Hermann und Auguste war vorher ein Labor, in dem Rezepte getestet wurden. Die Ausstattung dafür steht nun in der Büroküche unter dem Zimmer von Anne und Margot.

Peter bringt sein Fahrrad mit und hängt es an die Zimmerdecke.

Februarstreik

25. und 26. Februar 1941 Amsterdam

Als Protestaktion gegen die Razzia und die Verhaftung jüdischer Männer einige Tage zuvor ruft die lokale Sektion der CPN (Kommunistische Partei der Niederlande) am 25. Februar 1941 zu einem zweitägigen Streik auf. Der Ausstand beginnt mit der Einstellung des Straßenbahnverkehrs in Amsterdam. Als die Bahnen nicht mehr fahren, merken viele Amsterdamer, dass diese Aktion stattfindet. Danach wird auch an Orten der weiteren Umgebung gestreikt.

Die Deutschen sind von den Protesten überrascht und reagieren mit brutaler Gewalt. Sie schießen auf Streikende, und es gibt Tote und Verletzte. Streikende werden verhaftet. Die Besatzer erlegen den Städten, in denen gestreikt wird, hohe Bußgelder auf.

In Amsterdam und Zaandam werden die Bürgermeister ausgetauscht, und Amsterdam bekommt einen deutschfreundlichen Polizeipräsidenten.

Otto zum ersten Mal in Amsterdam

1. Januar 1923 Amsterdam

Von 1923 bis 1929 führt Otto zusammen mit seinem Bruder Herbert und seinem Schwager Erich Elias eine Bankfiliale in Amsterdam mit dem Namen M. Frank en Zonen (M. Frank und Söhne). Ihr Sitz ist im Stadtzentrum. Wegen der schlechten Wirtschaftslage in Deutschland gründen etliche deutsche Banken eine Niederlassung in Amsterdam. Nachdem sich die Lage bessert, werden viele davon wieder aufgehoben, auch die der Franks.

Johannes Kleiman regelt im Einvernehmen mit der Direktion die laufenden Geschäfte. Kleiman ist später für Opekta tätig und wirkt bei der Gründung von Pectacon mit.

Margot Frank wird geboren

16. Februar 1926 Frankfurt am Main

Am 16. Februar 1926 um 3 Uhr 15 kommt die erste Tochter von Edith und Otto Frank zur Welt: Margot Betti Frank. Den zweiten Namen Betti erhält Margot nach ihrer Großmutter Alice Betty und nach Bettina, der jung verstorbenen Schwester ihrer Mutter Edith.

Otto Frank und Edith Holländer heiraten

12. Mai 1925 Achen

Am 8. Mai 1925 heiraten Otto Frank und Edith Holländer im Rathaus von Aachen. Sie haben sich ein paar Jahre zuvor bei der Verlobung von Ottos Bruder Herbert mit einer Freundin von Edith in Aachen kennengelernt.

Am 12. Mai, Ottos sechsunddreißigstem Geburtstag, findet die Trauzeremonie in der Aachener Synagoge statt. Abends gibt es für alle Gäste ein großartiges Bankett. Ihre Hochzeitsreise unternehmen Otto und Edith nach San Remo in Italien.

In den ersten eineinhalb Ehejahren wohnen sie bei Ottos Mutter Alice Frank-Stern in Frankfurt am Main.

Die deutsche Armee setzt Giftgas gegen französische Truppen ein

22. April 1915 Ypern

Im Ersten Weltkrieg setzen die kämpfenden Parteien alles daran, zu gewinnen. Die deutsche Armee setzt als erste tödliches Giftgas auf dem Schlachtfeld in Belgien ein.

Am 22. April 1915 sehen französische Soldaten, wie eine gelbgrüne Wolke aus Chlorgas auf sie zukommt. Innerhalb von zehn Minuten ersticken Tausende von ihnen.  Mit dem Angriff verstoßen die Deutschen gegen internationale Abkommen, die den Einsatz von Giftgas untersagen. Danach setzen auch die Franzosen und Briten Giftgas ein.

Die Vereinigten Staaten erklären Deutschland den Krieg

6. April 1917 Washington

Am 6. April 1917 erklärt US-Präsident Woodrow Wilson dem Deutschen Reich den Krieg.  Bis dahin waren die USA neutral. Die Kriegserklärung ist eine Reaktion auf den U-Boot-Krieg, den Deutschland seit Januar 1917 führt.

Deutschland will alle Schiffe versenken, die Großbritannien ansteuern, auch Passagierdampfer und neutrale amerikanische Schiffe. Sie könnten nämlich Hilfe - von Lebensmitteln bis Soldaten - für Deutschlands Gegner transportieren. Deutschland weiß, dass die USA das nicht hinnehmen werden. Es  glaubt jedoch, die Amerikaner würden für die Vorbereitungen ihrer Armee so lange brauchen, dass die Briten vorher kapitulieren. Doch das erweist sich als Irrtum.

Ein anderer Grund für die amerikanische Kriegserklärung ist das Abfangen der sogenannten Zimmermann-Depesche. Deutschland verspricht darin Mexiko finanzielle Unterstützung und amerikanisches Territorium, wenn es die USA angreift. Mexiko geht darauf nicht ein. Der britische Geheimdienst entziffert die streng geheime Nachricht und die Amerikaner sind darüber sehr wütend.

Die USA schicken 1917 mehr als eine Millionen Soldaten nach Frankreich. Erst nach einem Jahr kämpfen sie in großem Maßstab zusammen mit den Truppen der Entente.

Hungersnot in Deutschland

1917-1919 Berlin

Am Ende des Ersten Weltkriegs herrscht in Deutschland großer Hunger. Verzweifelt versuchen die Menschen an Essen zu gelangen. Beispielsweise in Berlin, wo hungrige Frauen und Kinder ein Pferd auf der Straße zerlegen. Das Tier wurde bei Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Aufständischen getötet. Obwohl in den Straßen geschossen wird, stürzen sich die ausgehungerten Frauen und Kinder auf das Pferd.

In den vier Kriegsjahren haben Deutschlands Gegner alle Transporte durch eine Seeblockade unterbunden. Dadurch kam es zu einer großen Nahrungsmittelknappheit. Erst ab März 1919 werden wieder Nahrungsmittel an Deutschland geliefert.

Gescheiterter Putsch in Deutschland

13. März 1920 Deutschland

Der Kapp-Putsch ist ein Putsch rechtsgerichteter Militärs in Berlin. Sie stürzen die demokratisch gewählte Regierung und ersetzen sie durch eine autoritäre Leitung, die über das Land herrschen will, ohne von der Bevölkerung gewählt worden zu sein. Die Regierung flieht nach Stuttgart. Sechs Tage lang haben die Putschisten die Macht in Berlin, doch sie wissen nicht, was sie mit ihrer Macht anfangen sollen. Von der Bevölkerung werden sie nicht unterstützt. Bald legt ein Generalstreik die gesamte Stadt lahm. Die Putschisten geben auf. Die Regierung kehrt zurück und unternimmt wenig, um sie zu bestrafen.

In Deutschland kommt es zu weiteren Versuchen, die demokratisch gewählte Regierung abzusetzen. Ein Jahr später, im März 1921, versuchen Kommunisten mit Anschlägen und Streiks einen Arbeiteraufstand zu beginnen. Nach zwei Wochen hat die Regierung den Aufstand niedergeschlagen.

Mietstreik in Berlin

1. September 1932 Berlin

Die Sparpolitik der Regierung führte zu großer Armut in der deutschen Bevölkerung. In Berlin stellen Arbeiter gemeinsam ihre Mietzahlungen ein. Sie protestieren damit gegen die hohen Mieten und den schlechten Zustand ihrer Wohnungen.

Das Zentrum des Mietstreiks ist diese, kleine, Köpenicker Straße. Auf der Mauer in der Mitte steht die Losung „Erst Essen, dann Miete“. Aus den Fenstern hängen Fahnen der kommunistischen Partei und der Nazipartei. Beide Parteien kommen bei den Arbeitern an, weil sie versprechen, die Probleme der Armut auf ihre Weise zu lösen.

Die Eiserne Front demonstriert gegen die Nazis

1. März 1932 Berlin

Die Eiserne Front ist ein Zusammenschluss zwischen der Sozialdemokratischen Partei (SPD), den Gewerkschaften und anderen sozialdemokratischen Organisationen. Am 16. Dezember 1931 gründen sie die bewaffnete Eiserne Front. Die SPD ist eine Befürworterin der Republik und wird von den Kommunisten und den Nazis bekämpft. Aufgrund der zunehmenden Gewalt vonseiten dieser Parteien halten die SPD und ihre Verbündeten es für notwendig, selbst auch den Kampf aufzunehmen. Ihr Symbol sind drei nach links unten gerichtete Pfeile.

Das Ermächtigungsgesetz: noch mehr Macht für Hitler

23. März 1933 Berlin

Am 23. März 1933 stimmt das deutsche Parlament mit großer Mehrheit für das „Ermächtigungsgesetz“. Damit kann Hitler vier Jahre lang Gesetze erlassen ohne Einmischung des Reichspräsidenten, des Reichstags oder des Reichsrats.

Hitler stellt in seiner Rede vom 23. März die Anwesenden vor die Wahl zwischen „Krieg und Frieden“. Es ist eine verkappte Drohung, um Gegner einzuschüchtern.  Mit 444 Stimmen dafür und 94 Gegenstimmen verabschiedet der Reichstag das Ermächtigungsgesetz. Nur die Sozialdemokraten stimmen dagegen. Von einer demokratischen Abstimmung kann nicht die Rede sein. Die Krolloper, in der das Parlament tagt, ist umstellt von Männern der SA und SS, den bewaffneten Abteilungen der NSDAP.

Die Abgeordneten der kommunistischen Partei können an der Abstimmung nicht teilnehmen, da sie verhaftet wurden oder auf der Flucht sind. Auch 26 sozialdemokratische Politiker können aus diesem Grund nicht mit abstimmen.

Durch dieses Gesetz kann Hitler nun als Diktator über Deutschland herrschen.

Deutschland ist ein Einparteienstaat

1. Dezember 1933 Deutschland

Am 1. Dezember 1933 verabschiedet die deutsche Regierung das „Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat“. Die NSDAP und der deutsche Staat sind dadurch „unlöslich“  miteinander verbunden. Das bedeutet, dass die Regierung die Nazipartei unterstützen muss und die Partei selbst auch ohne Zustimmung staatlicher Behörden Macht ausüben kann. Die NSDAP kann nun zum Beispiel Menschen verhaften.

Dieses Gesetz ist die offizielle Bestätigung der bereits bestehenden Situation. In den Monaten zuvor haben die Nazis mit den anderen politischen Parteien in Deutschland abgerechnet. Die kommunistische und die sozialdemokratische Partei wurden verboten. Andere Parteien haben sich selbst aufgelöst.

Durch ein Gesetz vom 14. Juli 1933 ist die NSDAP die einzige politische Partei in Deutschland. Neue Parteien dürfen nicht mehr gegründet werden. Am 12. November 1933 finden Neuwahlen für das Parlament statt. Nur eine einzige Partei steht zur Wahl: die NSDAP, deren Leiter Hitler ist.

Fabrikarbeiter üben den Umgang mit Gasmasken

13. September 1933 Brandenburg

Die Regierung will, dass sich die Deutschen auf einen Krieg vorbereiten, obwohl keinerlei Grund für die Annahme besteht, Deutschland sei bedroht. Trotzdem soll die Bevölkerung lernen, wie sie sich bei einem feindlichen Angriff mit Giftgas verhalten muss.

Die deutsche Luftwaffe bombardiert Guernica

26. April 1937 Guernica

Am 26. April 1937 bombardieren deutsche Flugzeuge der Legion Condor zusammen mit der italienischen Luftwaffe die kleine spanische Stadt Guernica (Gernika). Hunderte Menschen werden getötet, und ein großer Teil der Stadt wird zerstört. Die Bombardierung löst weltweit Entsetzen aus.

In Spanien herrscht seit dem 17. Juli 1936 ein Bürgerkrieg. An diesem Tag beginnt eine Gruppe nationalistischer Armeeoffiziere, darunter der spätere Diktator Francisco Franco, einen Staatsstreich gegen die amtierende republikanische Regierung. Die Putschisten werden von rechtsgerichteten und konservativen Gruppierungen unterstützt. Linksgerichtete Parteien wie die Kommunisten und Anarchisten  stellen sich auf die Seite der Regierung.

Beide Lager erhalten auch Unterstützung aus dem Ausland. Die Republikaner bekommen Unterstützung von Menschen aus Europa und den USA und Waffen und militärisches Personal von der Sowjetunion. Die Putschisten werden vom faschistischen Italien und Nazi-Deutschland unterstützt. Nach drei Jahren, am 1. April 1939, endet der Kampf mit dem Sieg Francos.

Die Bombardierung Guernicas ist der erste Einsatz der modernen deutschen Armee. Die Legion Condor wird in Hamburg und Berlin mit Jubel empfangen, als sie nach Francos Sieg im Mai 1939 nach Deutschland zurückkehrt.

Der „Anschluss“: Deutschland besetzt Österreich

15. März 1938 Wien

Am Morgen des 12. März 1938 rückt die deutsche Wehrmacht in Österreich ein. Sie stößt nicht auf Gegenwehr. Hitler kommt später an diesem Tag. Er besucht seinen Geburtsort und das Grab seiner Eltern. Drei Tage später, am 15. März, hält er in Wien eine Rede und erklärt offiziell, dass Österreich dem Deutschen Reich angeschlossen wird. Österreich ist nun eine deutsche Provinz: die „Ostmark“. Hitler ernennt Arthur Seyß-Inquart zum „Reichsstatthalter“.

Viele Deutsche und Österreicher sind genauso begeistert wie Hitler. Sie wollen schon seit langem, dass die beiden Länder vereint werden.

Am 10. April veranstalten die Nazis eine Volksabstimmung. Damit wollen sie ihre militärische Aktion legitimieren. Mehr als 99 % der österreichischen Bevölkerung stimmt für den Anschluss an Deutschland. Diese Zahl ist zweifellos so hoch, weil die Abstimmung nicht geheim war. Gegner wagten es nicht, mit Nein zu stimmen.

Die Nazis in Österreich können durch die Machtübernahme ihren Antisemitismus nun öffentlich zeigen. Sie dringen in die Wohnungen jüdischer Bürger*innen ein, zerschlagen ihre Möbel und berauben sie. In Wien zwingen Nazis Jüdinnen und Juden, proösterreichische Losungen von den Straßen zu schrubben. Viele Menschen jüdischen Glaubens versuchen zu fliehen. Andere nehmen sich das Leben. Innerhalb von zwei Wochen setzen mehr als 200 Wiener Jüdinnen und Juden ihrem Leben ein Ende.

Das Münchner Abkommen

30. September 1938 München

Am 30. September 1938 kehrt der britische Premierminister Neville Chamberlain von einer Konferenz in München zurück. Er hat zusammen mit Frankreich und Italien einen Vertrag mit Hitler geschlossen. Darin steht, dass Hitler das Sudetengebiet, den überwiegend deutschsprachigen Teil der Tschechoslowakei, in das Deutsche Reich eingliedern darf. Im Gegenzug verzichtet Hitler darauf, die gesamte Tschechoslowakei zu annektieren.

Später an diesem Tag hält Chamberlain eine Rede, in der er sagt: „Ein britischer Premierminister ist aus Deutschland zurückgekehrt, und er bringt einen ehrenvollen Frieden. Ich glaube, dass nun Frieden ist in unserer Zeit.“ Er meint, ein Krieg zwischen Deutschland und Großbritannien sei verhindert worden. Aber viele Menschen glauben nicht daran. Das Münchner Abkommen ist ein Symbol für eine Politik der Zugeständnisse und der Beschwichtigung (appeasement). Bei ihren Bestrebungen, einen Krieg zu verhindern, kommen die Briten und Franzosen Hitlers Forderungen immer wieder entgegen.

Boykott jüdischer Läden

1. April 1933 Deutschland

Am 1. April 1933 organisiert das Naziregime einen Boykott jüdischer Gewerbetreibender. SA-Männer stellen sich vor den Läden jüdischer Inhaber auf. Sie pinseln Davidsterne auf Schaufensterscheiben, hindern Kund*innen daran, die Geschäfte zu betreten und tragen Schilder mit judenfeindlichen Sprüchen.

Der Boykott ist eine Reaktion auf einen Aufruf jüdischer Organisationen in den USA, aus Protest gegen die Misshandlung und Diskriminierung der Juden in Deutschland Produkte aus diesem Land zu boykottieren.

Der Boykott ist in Deutschland kein großer Erfolg. Viele Menschen nehmen ihn nur schulterzuckend zur Kenntnis, und die ausländische Presse verurteilt die Aktion. Trotzdem ist es ein wichtiger Moment in der Entwicklung der antijüdischen Maßnahmen. Er zeigt zum ersten Mal deutlich, dass die Nazis den jüdischen Bürger*innen das Leben unmöglich machen wollen.

Nürnberger Gesetze

15. September 1935 Nürnberg

Am 15. September 1935 führen die Nazis die Nürnberger Gesetze ein. Diese rassistischen Gesetze richten sich gegen die jüdischen Deutschen. Sie haben nun weniger Rechte als die anderen deutschen Bürger.

Die Gesetze definieren, wer aufgrund seiner Abstammung als jüdisch gilt. Wer drei oder vier jüdische Großeltern hat, wird als Jude betrachtet. Juden gelten nicht mehr als „Reichsbürger“  und haben deshalb keinen Anspruch auf bestimmte Bürgerrechte. Sie dürfen nicht mehr wählen und können nicht mehr als Beamte tätig sein.

Zu den Nürnberger Gesetzen gehört auch das „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“. Es untersagt Eheschließungen zwischen jüdischen und nichtjüdischen Deutschen. Außerdem dürfen jüdische Haushalte keine Frauen unter 45 Jahren beschäftigen.

Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden sind für die Nazis „Rassenschande“.  Im Juli 1935 werden zum Beispiel Julius Wolff und seine nichtjüdische Verlobte Christine Neemann von der SA in einem Umzug durch die Straßen der ostfriesischen Stadt Norden getrieben. Sie müssen Schilder tragen mit der Aufschrift „Ich bin ein Rasseschänder” und  „Ich bin ein deutsches Mädchen und habe mich vom Juden schänden lassen“.

Christine wird in ein Konzentrationslager gesperrt und nach einem Monat freigelassen.  Julius wird in das Konzentrationslager Esterwegen gebracht und flüchtet nach seiner Freilassung in die USA.

Die Gestapo schiebt polnische Juden über die polnische Grenze ab

27. Oktober 1938 Deutschland

Im Oktober 1938 will die polnische Regierung keine Juden mehr ohne gültigen Pass ins Land lassen, wenn sie länger als fünf Jahre in Deutschland gelebt haben. Viele Juden wollen wegen der antijüdischen Maßnahmen in Deutschland zurück nach Polen. Um ihren Pass zu verlängern, benötigen sie einen Stempel des polnischen Konsulats. Doch den erhalten sie in vielen Fällen nicht und können Deutschland deshalb nicht mehr verlassen.

Das kommt den Nazis ungelegen. Sie wollen, dass so viele Juden wie möglich das Land verlassen, und viele polnische Juden leben in Deutschland. Deshalb will Gestapochef Reinhard Heydrich alle polnischen Juden aus Deutschland verbannen. Er verfügt ihre Zwangsausweisung.

Die polnischen Juden werden mit Drohungen und Gewalt gezwungen, illegal die polnische Grenze zu überschreiten. Ihren Besitz müssen sie zurücklassen. Die Abgeschobenen sind jeden Alters. Einige sind in Deutschland geboren und sprechen kein Polnisch.

Die polnischen Behörden weigern sich jedoch, sie aufzunehmen. Deshalb müssen die meisten von ihnen lange Zeit im Niemandsland oder in einem Lager im polnischen Grenzgebiet verharren. Rund 17.000 Menschen werden auf diese Weise abgeschoben.

Konferenz von Évian: kein Platz für jüdische Flüchtlinge

6. Juli 1938 Évian-les-Bains

Der amerikanische Präsident Roosevelt beruft am 6. Juli 1938 eine internationale Konferenz über jüdische Flüchtlinge aus Deutschland ein. Vertreter aus 32 Staaten tagen im französischen Évian-les-Bains. Darunter sind u.a. die USA, Großbritannien, Frankreich, die Niederlande, Australien, die Schweiz, Mexiko und mehrere lateinamerikanische Länder.

Die meisten Regierungsvertreter bekunden zwar Mitgefühl für die jüdischen Flüchtlinge, weigern sich jedoch, mehr Menschen aufnehmen. Sie meinen, bereits genug Flüchtlinge ins Land gelassen zu haben und befürchten, dass es sonst zu Spannungen zwischen den Neuankömmlingen und der Bevölkerung kommen könnte. Haiti und die Dominikanische Republik sind die einzigen, die bereit sind, Zehntausende von Flüchtlingen aufzunehmen, aber die Vereinigten Staaten werden das Angebot Haitis nicht zulassen. Am Ende finden mehrere hundert Juden in den beiden Ländern Zuflucht.

Die Konferenz  blieb also für die jüdischen Flüchtlinge ohne Ergebnis.

Jüdische Flüchtlinge in Amsterdam

Dezember 1938 Amsterdam

Nach den Novemberpogromen 1938 fliehen viele deutsche Jüdinnen und Juden in die Niederlande. Das Land nimmt jedoch kaum Flüchtlinge auf. Wer bleiben darf, erhält von einer jüdischen Hilfsorganisation Lebensmittel und Unterstützung bei der Suche nach einer Unterkunft. Verletzte werden in einem jüdischen Krankenhaus behandelt.

Stummfilm. Die Aufnahmen entstanden für das amerikanische newsreel „The Refugee - Today and Tomorrow“ („March of Time“), das ein Bild von der Aufnahme der geflüchteten Juden in verschiedenen europäischen Ländern vermittelt. Dezember 1938.

Flüchtlingsschiff darf nicht anlegen

27. Mai 1939 Havanna

Am 13. Mai 1939 verlässt das Schiff St. Louis den Hamburger Hafen mit 937 Jüdinnen und Juden an Bord, fast alles Deutsche. Sie wollen nach Kuba und glauben, die richtigen Einreisepapiere zu haben. Das Schiff kommt zwei Wochen später, am 27. Mai, in Kubas Hauptstadt Havanna an. Hier dürfen jedoch nur 28 Passagiere von Bord gehen. Der kubanische Präsident hat die Dokumente der anderen für ungültig erklärt. Nur ein Mann wird später noch ins Land gelassen. Nach einem Selbstmordversuch wird er ins Krankenhaus gebracht.

Das Schiff fährt weiter nach Nordamerika, doch die USA nehmen auch niemanden auf. Nach einem Monat fährt das Schiff zurück nach Europa. Die Irrfahrt endet in Antwerpen. Die Niederlande, Belgien, Frankreich und Großbritannien erklären sich nach Verhandlungen bereit, jeweils ein Viertel der Passagiere aufzunehmen. Endlich können die Geflüchteten wieder an Land.

Deutschland und die Sowjetunion schließen einen Nichtangriffspakt

23. August 1939 Moskau

In der Nacht vom 23. auf den 24. August 1939 schließen Deutschland und die Sowjetunion einen Nichtangriffspakt. Er ist als Hitler-Stalin-Pakt oder - nach den beiden Außenministern - als Ribbentrop-Molotow-Pakt bekannt.

Die beiden Staaten vereinbaren, einander nicht anzugreifen und verteilen bereits insgeheim die Länder, die zwischen ihnen liegen. Deutschland eignet sich Westpolen und einen Teil Litauens an. Die Sowjetunion wird Ostpolen besetzen, die baltischen Länder und einen Teil Finnlands.

Eine Woche später überfällt Deutschland Polen, zwei Wochen darauf greift die Sowjetunion Polen von Osten her an.

Deutscher Überfall auf Dänemark und Norwegen

9. April 1940 Dänemark - Norwegen

Unter dem Decknamen „Unternehmen Weserübung“ greift Nazi-Deutschland am 9. April 1940 Dänemark und Norwegen an. Noch am selben Tag kapituliert Dänemark und wird besetzt.  Nun hat Deutschland eine gute strategische Basis für den Kampf gegen Norwegen. Die Norweger leisten zwei Monate lang Widerstand, kapitulieren aber am 9. Juni 1940. Frankreich und Großbritannien kommen Norwegen zu Hilfe, müssen sich jedoch zurückziehen, als sie selbst angegriffen werden.

Dänemark und Norwegen sind zum Zeitpunkt des deutschen Angriffs neutral. Trotzdem greift Deutschland diese Länder an, da es befürchtet, Großbritannien und Frankreich könnten Norwegen besetzen. Durch den Angriff kommt der Zugang zur Ostsee bei Dänemark in deutsche Hände, und das schwedische Eisenerz kann ungehindert nach Deutschland transportiert werden. Schweden bleibt neutral.

Die Luftschlacht um England

1940 - 1941 Großbritannien

Kurz nach der Eroberung Westeuropas greift Deutschland das Vereinigte Königreich an. Der Angriff erfolgt aus der Luft, da die britische Marine der deutschen überlegen ist. Deutschland beginnt im Juli 1940 mit Luftangriffen auf Häfen und Schiffe, Flughäfen und Orte an der britischen Küste. Hitler plant, mit einer Armee einzurücken, doch das erweist sich als unrealistisch, da es der deutschen Luftwaffe nicht gelingt, die Lufthoheit zu erringen. Am 25. August 1940 bombardiert die britische Luftwaffe Berlin. Der Gegenangriff richtet nicht viel Schaden an, führt aber zu einer Änderung der deutschen Pläne.

Ab 7. September wird London 57 Tage hintereinander bombardiert, und auch andere britische Städte werden schwer getroffen. Die deutschen Luftangriffe gehen weiter bis zum Herbst 1941. Sie werden im englischen Sprachgebrauch insgesamt als „The Blitz“ bezeichnet.

Die Schlacht um England kostet 27.450 Bürger*innen das Leben, noch höher ist die Zahl der Verletzten. Mehr als eine Million Häuser werden zerstört. Doch das Vereinigte Königreich hält stand und Deutschland verliert die Schlacht um England.

Jüdische Kinder in letzter Minute nach Großbritannien gerettet

14. Mai 1940 IJmuiden

Am 14. Mai 1940, um 19.50 Uhr, verlässt ein Frachtschiff IJmuiden und setzt Kurs auf Großbritannien. An Bord sind 74 junge jüdische Flüchtlinge aus Deutschland und Österreich, die nachmittags aus Amsterdam gekommen sind. Das Schiff legt am 19. Mai in Liverpool an. Dort dürfen die Kinder von Bord gehen. Sie leben den ganzen Krieg über in Heimen oder werden von britischen Familien aufgenommen.

Vor der Reise nach Großbritannien waren die Kinder in Pflegefamilien untergebracht oder im Burgerweeshuis, einem Waisenhaus an der Kalverstraat in Amsterdam. In die Niederlande gelangten sie dank der Hilfe der Niederländerin Truus Wijsmuller-Meijer.

Im Dezember 1938 spricht Truus mit Adolf Eichmann in Wien. Der erlaubt ihr, 600 Kinder aus Österreich herauszubringen, wenn sie selbst für die Kosten aufkommt. Das ist der Anfang der sogenannten „Kindertransporte“. Dank Truus Wijsmuller-Meijer werden Tausende Kinder aus Deutschland und Österreich in sichere Länder gerettet.

Während der deutschen Besetzung hilft Truus Wijsmuller weiterhin Jüdinnen und Juden, aus dem Land zu entkommen.

Die deutsche Wehrmacht rückt in Amsterdam ein

15. Mai 1940 Amsterdam

Am 15. Mai 1940 rücken deutsche Soldaten in Amsterdam ein. Beim deutschen Überfall haben sie in der Schlacht am Grebbeberg gegen die niederländische Armee gekämpft. Amsterdams stellvertretender Bürgermeister Kropman erwartet sie bei Duivendrecht. Kropman äußert gegenüber General von Tiedemann die Hoffnung, dass die Deutschen die jüdischen Bürger Amsterdams in Ruhe lassen. Von Tiedemann beruhigt ihn etwas mit den Worten: „Wenn die Juden uns nicht sehen wollen, dann sehen wir die Juden nicht.“

Beim Einzug der deutschen Soldaten stehen viele Niederländer*innen am Straßenrand und zeigen begeistert den Hitlergruß. Vor dem Rathaus empfängt ein Beamter die Deutschen mit einem Stadtplan.

Nach diesem Besuch fahren die deutschen Truppen weiter nach Belgien. Dort ist der deutsche Angriff noch in vollem Gange.

Die Niederlande im Dunkeln

1940 - 1945 Amsterdam

Die britische Luftwaffe fliegt vom Kriegsbeginn an Angriffe auf Ziele in besetzten Gebieten und in Deutschland selbst. Häfen und Fabriken werden beschädigt. Damit die Piloten nachts ihren Weg nicht finden können, müssen die gesamten Niederlande in der Zeit von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang verdunkelt werden. Die Fenster müssen schwarz angestrichen oder mit schwarzem Papier bedeckt werden. Die Straßenlaternen dürfen nachts nicht leuchten.

Die Stadtverwaltung Amsterdam stellt Speziallampen am Straßenrand auf, damit der Verkehr möglichst wenig behindert wird. Gehwegränder, Geländer und die Ränder der Grachten werden weiß markiert, damit sie im Dunkeln besser erkennbar sind. Die Hausnummern werden mit großen weißen Ziffern an die Fassaden gemalt.

V=Victory

Frühling 1941 Niederlande

Im Frühjahr 1941 ruft die BBC alle Hörer*innen im besetzten Europa dazu auf, den Buchstaben V („V for Victory!“) an Mauern und Hauswände zu malen. So können sie ihre Abneigung gegen die Deutschen zeigen. V steht in den Niederlanden für „Vrede“ (Frieden) und „Vrijheid“ (Freiheit) und im Französischen für „Victoire“ (Sieg). Auch Winston Churchill, der britische Premierminister, macht in der Öffentlichkeit oft das V-Zeichen mit Zeige- und Mittelfinger.

Die BBC übernimmt das V als Erkennungszeichen, indem sie Sendungen für das besetzte Europa mit dem Morsezeichen für diesen Buchstaben beginnt: drei kurze Töne und ein langer Ton: pom-pom-pom-pommmm.

Die deutschen Besatzer geben dem V die gegenteilige Bedeutung und benutzen es als Zeichen, dass die Deutschen den Krieg gewinnen werden. Es gibt Transparente und Plakate an der Straße mit dem Text: „V=Victorie want Duitsland wint op alle fronten voor Europa”. (V = Viktoria denn Deutschland siegt an allen Fronten für Europa.“)

Rituelles Schlachten ist verboten

5. August 1940 Amsterdam

Schlachten nach jüdischen Ritualvorschriften ist ab 5. August 1940 verboten. Das ist die erste antijüdische Verordnung, auf die noch viele weitere folgen. Die Maßnahmen haben zum Ziel, Menschen jüdischen Glaubens in den Niederlanden das Leben schwer zu machen und sie von der Mehrheitsgesellschaft zu isolieren.

Café Alcazar wird zerstört

9. Februar 1941 Amsterdam

Das Kabarett und Varieté-Theater Alcazar in Amsterdam hat viele jüdische Gäste. Am 9. Februar 1941 überfallen Männer der WA, des Schlägertrupps der NSB, das Lokal. Mit dem Angriff wollen die WA-Männer Schlägereien mit Juden und Antifaschisten provozieren.

WA ist die Abkürzung für Weerbaarheidsafdeling (Wehrabteilung). Seit Beginn der Besatzung zerstört die WA zusammen mit anderen Antisemiten in Amsterdam jüdische Läden, Lokale und Denkmäler. Die jüdische Bevölkerung wehrt sich mit Hilfe von nichtjüdischen Nachbarn, und es kommt regelmäßig zu Straßenkämpfen. Im Februar kommt bei einem großen Straßenkampf ein WA-Mann ums Leben.

Seyß-Inquart warnt die niederländischen Juden

12. März 1941 Amsterdam

Arthur Seyß-Inquart ist ein österreichischer Nazi, der ab Mai 1940 im Namen Deutschlands die Macht über die Niederlande ausübt. Seine Worte haben großen Einfluss. Im März 1941 hält er eine Rede vor der niederländischen Sektion der NSDAP (der deutschen Nazi-Partei). Er spricht im Concertgebouw in Amsterdam. Die Ansprache wird im Radio ausgestrahlt, für eine Wochenschau im Kino gefilmt und in einer Broschüre veröffentlicht.

Einige Wochen zuvor hatten die deutschen Besatzer mit Gewalt mehr als 400 jüdische Männer verhaftet. Die Streiks, die aus Protest dagegen folgten, wurden ebenfalls mit brutaler Gewalt niedergeschlagen. Seine Zuhörer haben diese Ereignisse noch frisch in Erinnerung. In seiner Rede warnt Seyß-Inquart die niederländischen Juden und Ihre Helfer: Sie sollten nicht glauben, dass es bei diesen Aktionen der Deutschen bleiben würde.

Ansprache von Arthur Seyss-Inquart im Concertgebouw, Amsterdam, 12. März 1941.

Seyß-Inquart sagt in der Rede vom 12. März: „Dann möchte ich jetzt einmal ein offenes Wort zur Judenfrage sprechen. Die Juden werden von uns nicht als ein Bestandteil des niederländischen Volkes angesehen. Die Juden sind für uns nicht Niederländer. Sie sind jene Feinde, mit denen wir weder zu einem Waffenstillstand noch zu einem Frieden kommen können. Erwarten Sie von mir keine Verordnung, die dies festsetzt, außer polizeilichen Regelungen. Aber wir werden die Juden schlagen, wo wir sie treffen können, und wer mit ihnen geht, der wird eben dann mitgetroffen.“

Die Stadt Amsterdam erstellt ein Register der Juden

May 1941 Amsterdam

Im Mai 1941 erstellt die Stadtverwaltung Amsterdam für die deutschen Besatzer eine genaue Übersicht über die Wohnsitze jüdischer Einwohner*innen. Für jede Straße ist durch Punkte angegeben, wie viele Menschen jüdischen Glaubens dort wohnen. Ein Punkt steht für zehn Menschen. Deshalb wird die Karte auch als „Punktkarte“ bezeichnet. In Amsterdam leben zu diesem Zeitpunkt 80.000 der 140.000 niederländischen Jüdinnen und Juden.

Die Stadtverwaltung erstellt außerdem Stadtpläne, in denen jüdische Einwohner*innen oder Betriebe mit jüdischen Eigentümern verzeichnet sind. Es ist eine eindeutige Form von behördlicher Kollaboration.

Razzia gegen jüdische Männer in Amsterdam

11. Juni 1941 Amsterdam

Am 11. Juni 1941 verhaften die deutschen Besatzer ungefähr 300 jüdische Männer als Vergeltungsmaßnahme für zwei vom Widerstand verübte Bombenanschläge. Ein für deutsche Offiziere beschlagnahmtes Gebäude wurde bei einem der Bombenanschläge beschädigt. Bei dem anderen Anschlag auf die Telefonzentrale der deutschen Luftwaffe auf dem Flughafen Schiphol wurde ein Soldat schwer verletzt.

Die meisten jüdischen Männer werden von der Amsterdamer Polizei aus ihren Wohnungen geholt. Die Adressen haben die Polizisten vom Sicherheitsdienst erhalten. Wenn jemand nicht zu Hause ist, werden Mitbewohner verhaftet. Die Nazis nehmen auch Männer auf der Straße und in Lokalen fest.

Die Verhafteten, hauptsächlich junge Männer, werden in das Konzentrationslager Mauthausen in Österreich deportiert. Bald darauf erhalten ihre Familien die Nachricht, dass sie „verstorben“ oder „auf der Flucht erschossen“ worden seien. Diese Todesnachrichten machen Mauthausen zu einem berüchtigten Ort. Die Besatzer drohen fortan damit, dass Juden, die gegen die Regeln verstoßen, auch dorthin gebracht werden.

Die USA werfen über Japan Atombomben ab

6. August 1945 Hiroshima

Die USA fliegen seit März 1945 schwere Bombenangriffe auf Dutzende von japanischen Städten. Brandbomben zerstören große Teile der Städte, Hunderttausende Zivilisten kommen um. Mit diesen Angriffen bereiten die USA eine Invasion vor. Sie wollen Japan zur Kapitulation zwingen, doch Japan gibt nicht auf.

Unterdessen arbeiten die USA am Bau von Atombomben, die noch größere Verheerungen anrichten sollen. Am 6. August 1945 wirft ein amerikanischer Bomber zum ersten Mal in der Geschichte eine Atombombe ab. Ziel ist die japanische Stadt Hiroshima. Die Bombe zerstört die Stadt und tötet Zehntausende Menschen. Ein großes Feuer verwüstet die Stadt noch mehr.

Wegen der schädlichen Strahlung verdoppelt sich die Zahl der Opfer in den Monaten nach der Explosion. Die USA drohen mit weiteren Bombardierungen, wenn Japan nicht kapituliert.

Drei Tage später werfen sie eine zweite Atombombe ab, diesmal auf die Stadt Nagasaki. Auch hier sterben sofort Zehntausende, und die Stadt wird zerstört.

Nun kapituliert Japan. Am 15. August 1945 gibt Japans Kaiser Hirohito im Rundfunk bekannt, dass er die bedingungslose Kapitulation akzeptiert. Zwei Wochen später, am 2. September, endet der Zweite Weltkrieg auch in Asien offiziell.

Kitty und die anderen Tagebuchfreundinnen

21. September 1942 Amsterdam

Am 21. September 1942 schreibt Anne in ihrem Tagebuch einen kurzen Brief an Jettje. Ein Stück weiter auch an Emmy. Einen Tag später, am 22. September, schreibt sie an Kitty: „... am schönsten finde ich es aber doch, Dir zu schreiben, das weißt Du ja auch, und ich hoffe, dass es beiderseitig ist.“ Trotzdem schreibt sie später auch noch an Pop, Jackie, Marianne, Conny und andere Mädchen.

Die meisten dieser Namen hat sie sich ausgedacht, aber nicht alle. Jackie ist Jacqueline, eine ihrer besten Freundinnen, von der sie sich zu ihrem Kummer nicht verabschieden konnte, als sie untertauchen musste. Kitty hat sie sich auch nicht ausgedacht. Es ist eine Figur aus den Büchern von Cissy van Marxveldt über Joop ter Heul, die Anne sehr gern liest. Anne beschreibt Kitty als „ein nettes Mädchen von 14 Jahren“, und sie werden „dicke Freundinnen“.

Nach Appell von Minister: Anne will ihr Tagebuch veröffentlichen

28. März 1944 Amsterdam

Am 28. März 1944 hören die Versteckten im Hinterhaus auf Radio Oranje einen Appell des niederländischen Ministers Bolkestein. Er ist Mitglied der niederländischen Regierung, die 1940 nach London (Großbritannien) geflohen ist.

Bolkestein bittet die Niederländer*innen, Dokumente aus der Kriegszeit aufzubewahren. Nach dem Krieg weiß dann jeder, was die Menschen unter der deutschen Besatzung durchgemacht haben. Es geht um Briefe, Tagebücher oder auch Ansprachen. Das bringt Anne auf eine Idee: Sie möchte nach dem Krieg ein Buch über ihre Zeit im Versteck veröffentlichen. Einen Titel weiß sie auch schon: „Het Achterhuis“ (Das Hinterhaus). Aber sie bekommt auch Zweifel und schreibt ein paar Wochen später voller Selbstkritik:

„Ich glaube wirklich, Kit, dass ich heute nicht ganz bei Trost bin, und ich weiß doch nicht, warum. Alles steht hier durcheinander, kein Zusammenhang ist erkennbar, und ich zweifle manchmal ernsthaft daran, ob sich später jemand für mein Geschwätz interessieren wird. „Die Herzensergüsse eines hässlichen jungen Entleins“ wird dann der Titel von dem ganzen Unsinn; Mijnheer Bolkestein oder Gerbrandy (niederländische Minister) werden an meinen Tagebüchern bestimmt nicht so viel haben.

Deine Anne M. Frank.”

[14 april 1944]

Amerikanisches Konsulat geschlossen: Flüchten wird unmöglich

Juli 1941 Rotterdam

Ab Anfang Juli 1941 können Menschen in den Niederlanden kein Visum für die USA mehr bekommen. Das gilt auch für Otto Frank und seine Familie.

Otto hat 1938 einen Einreiseantrag für die Vereinigten Staaten gestellt. Da viele Juden ab 1938 aus Deutschland flüchten wollen, gibt es so viele Anträge, dass es sehr lange dauert, bis sein Antrag bearbeitet wird.

Am 14. Mai 1940 wird das Konsulat in Rotterdam bei den schweren Bombenangriffen auf die Stadt zerstört. Sämtliche Verwaltungsunterlagen sind verschwunden. Alle Antragsteller müssen die nötigen Dokumente erneut beschaffen und einreichen. Außerdem sind die amerikanischen Behörden strenger geworden. Sie befürchten, dass deutsche Spione ins Land einreisen könnten.

Auch Otto erneuert seinen Antrag. Seine Bemühungen erleiden jedoch einen schweren Rückschlag. Jeder Immigrant muss für seinen Antrag im US-Konsulat persönlich befragt werden, doch im Juli 1941 wird das Konsulat in den Niederlanden geschlossen. Wenn er überhaupt zu einer solchen Befragung eingeladen würde, müsste er ein Konsulat in Südeuropa aufsuchen. Und das ist für ihn unmöglich.

Otto bemüht sich danach noch um ein Visum für Kuba. Das wird am 11. Dezember 1941 annulliert. Er hat nun so gut wie keine Möglichkeit mehr, mit seiner Familie in ein sicheres Land zu gelangen.

Fritz Pfeffer taucht unter

16. November 1942 Amsterdam

Am 16. November 1942 taucht Fritz Pfeffer im Hinterhaus unter. Er ist der Zahnarzt von Miep Gies und ein Bekannter von Otto und Edith Frank. Seine Verlobte Charlotte Kaletta war ein Jahr zuvor Gast auf der Hochzeit von Miep und Jan Gies.

Pfeffer erzählt seinem Vermieter, dass er ins Krankenhaus muss.

Fritz ist verdutzt, als er die Familie Frank wiederseht. Er hatte gehört, sie seien in die Schweiz gegangen. Fritz wird in Annes Zimmer untergebracht. Vorher schlief Margot dort. Sie schläft nun im Zimmer ihrer Eltern.

Charlotte bleibt allein zurück. Sie ist keine Jüdin und muss deshalb nicht befürchten, von den Nazis verhaftet zu werden. Aus Sicherheitsgründen darf sie nicht wissen, wo sich Fritz befindet. Sie fehlt ihm sehr. Die beiden bleiben über Briefe in Kontakt. Miep Gies fungiert dabei als Botin.

Deutsche Offiziere verüben ein Attentat auf Hitler

20. Juli 1944 Deutschland

Am 20. Juli 1944 deponiert der deutsche Offizier Claus von Stauffenberg bei einer Besprechung mit Adolf Hitler eine Bombe unter dem Tisch. Nachdem von Stauffenberg gegangen ist, explodiert der Sprengsatz. Wie durch ein Wunder überlebt Hitler das Attentat. Er hat ein paar Brand- und Schürfwunden und seine Trommelfelle sind durch die laute Detonation gerissen. Noch in der Nacht ertönt seine Stimme im deutschen Rundfunk, um der Bevölkerung mitzuteilen, dass er noch lebt.

Damit ist der Umsturzversuch, an dem von Stauffenberg beteiligt war, gescheitert. Eine große Zahl deutscher Wehrmachtsoffiziere wollte Hitler aus dem Weg räumen. Die Beteiligten hatten jeder ihren eigenen Grund, an der Verschwörung teilzunehmen. Manche wollten mehr Einfluss und Macht, andere wollten verhindern, dass Hitler Deutschland in einem sinnlosen Krieg vernichtete.

Bereits kurz nach dem Attentat werden Hunderte Menschen verhaftet. Die Verantwortlichen für das Attentat erhalten nach einem Schauprozess die Todesstrafe.

Die Rote Armee entdeckt das Lager Majdanek

22. Juli 1944 Lublin

Am 22. Juli 1944 erreichen die sowjetischen Truppen die polnische Stadt Lublin. Hier entdecken sie am Stadtrand das Arbeits- und Vernichtungslager Majdanek. Die Wachmannschaften sind bereits fort.

Die Nazis haben versucht, ihre Spuren zu beseitigen. Baracken wurden abgerissen, Körper ermordeter Menschen wurden verbrannt und das Lagerarchiv wurde vernichtet. Aber viele Baracken stehen noch, und die Gaskammern und mehrere Krematorien sind unzerstört. Viele Gefangene sind zurückgeblieben.

In diesem Lager wurden ungefähr 78.000 Menschen ermordet, darunter 59.000 Juden.

Es ist das erste Konzentrationslager, das die Alliierten entdecken. Die Sowjets laden Journalisten ein. Einen Monat später berichten Zeitungen zum ersten Mal über Beweise für den Massenmord der Nazis.

Niederländische Freiwillige für die Waffen-SS

26. Juli 1941 Den Haag

Im Juli 1941 ziehen niederländische Soldaten der „Vrijwilligerslegioen Nederland“ (Freiwilligen-Legion Niederlande) an die Ostfront. Sie kämpfen dort zusammen mit der deutschen Wehrmacht. An ihren Zug schreiben sie: „Naar de Jodenhoek“ (Zum Judenviertel) und „We gaan Stalin halen“ (Wir holen Stalin), und sie pinseln Hakenkreuze darauf.

Die Freiwilligen-Legion Niederlande gehört zur Waffen-SS. Das ist der militärische Verband der SS, einer Eliteeinheit der Nazis. Die Waffen-SS kämpft zusammen mit der deutschen Wehrmacht.

Die Freiwilligen-Legion Niederlande wurde gegründet, um die Nazis zu unterstützen. Die meisten Freiwilligen kämpfen an der Ostfront gegen die kommunistische Sowjetunion. In den Niederlanden gibt es ungefähr 22.000 Freiwillige.

Gründung der LO

November 1942 Winterswijk

Im November 1942 beginnt die Widerstandskämpferin Helena Kuipers-Rietberg damit, eine Organisation zu gründen, die Untergetauchten hilft. Durch ihre Arbeit für eine christliche Frauenorganisation kennt sie viele Menschen. Sie bittet den Pfarrer Frits Slomp im November 1942 um Hilfe. Er ist ein überzeugter Gegner der Nazis und reist durch die ganzen Niederlande, um Verstecke und Gastfamilien zu finden.

Im Laufe des Jahres 1943 entsteht aus diesem Netzwerk die Landelijke Organisatie voor Hulp aan Onderduikers - abgekürzt LO (Landesweite Hilfsorganisation für Untergetauchte). Viele bereits existierende Widerstandsgruppen schließen sich der LO an. Die LO besorgt Jüdinnen und Juden und jungen Männern, die nicht für die Besatzungsmacht arbeiten wollen, Verstecke.

Später entstehen auch die Landelijke Knokploegen (LKP - Landesweite Rollkommandos), die zum Beispiel Verteilungsbüros überfallen, um Lebensmittelmarken für Untergetauchte zu stehlen.

Helena Kuipers-Rietberg und ihr Ehemann werden im August 1944 vom Sicherheitsdienst verhaftet. In einem Verhör nimmt sie alle Schuld auf sich, und ihr Mann wird freigelassen. Helena wird in das Konzentrationslager Ravensbrück gebracht. Hier stirbt sie, geschwächt durch Krankheit, am 27. Dezember 1944.

Norbert Klein wird aus dem Krankenhaus befreit

September 1943 Amsterdam

Norbert Klein ist ein Jude, der aus Deutschland geflohen ist. Er gehört zu den Palästina-Pionieren des Hechaluz, einer Gruppe von Emigranten, die in die Niederlande gekommen sind, um sich auf das Leben und die Arbeit in Palästina vorzubereiten. Nach dem Einmarsch der Deutschen werden sie verfolgt. Viele von ihnen wurden bereits bei verschiedenen Razzien im Jahr 1941 verhaftet. Die Chaluzim haben aber auch eine Widerstandsgruppe gebildet, die eng mit Niederländern zusammenarbeitet.

Norbert Klein beschafft Verstecke für Untergetauchte und sucht nach Fluchtrouten. Als sogenannter „Halbjude“ braucht er keinen Stern zu tragen. Im September 1943 wird er verhaftet. Namen seiner Freunde in Deutschland gelangen dadurch in die Hände des Sicherheitsdienstes. Diese Freunde können noch rechtzeitig gewarnt werden.

Beim Verhör springt er aus dem Fenster der Polizeiwache. Schwer verletzt wird er ins Krankenhaus eingeliefert, das Westergasthuis (Wilhelmina-Gasthuis) in Amsterdam. Hier wird er, zusammen mit einem anderen Widerstandskämpfer, von einer Gruppe unter der Leitung des ehemaligen Polizisten Koos Heijdra befreit. Auf einer Tragbahre werden sie aus dem Fenster in ein offenes Auto gehoben und können so entkommen. Bis zum Ende des Krieges taucht Norbert Klein unter.

Heinrich Himmler in Amsterdam

18. Mai 1942 Museumplein, Amsterdam

Am 18. Mai 1942 hält Heinrich Himmler in Amsterdam auf dem heutigen Museumplein eine Rede vor dem neuen „Polizeibataillon Amsterdam“. Die Polizisten dieser Einheit wurden von der SS (Schutzstaffel, eine bewaffnete Abteilung der Nazipartei) ausgebildet. Polizeichef Tulp zufolge gibt sich Himmler freundlich und anerkennend.

Himmler sagt unter anderem: „Moderne Polizei muss ein Freund der Bevölkerung sein und kein Buhmann.“ Später an diesem Tag erklärt Himmler noch, wie ernst es ihm mit dem Kampf gegen die Juden sei.

Als „Reichsführer SS“ gehört Himmler zu den treibenden Kräften hinter der Judenverfolgung. Er ist in den Niederlanden, um die Deportationen in das Konzentrationslager Auschwitz vorzubereiten. Diese beginnen im Sommer 1942.

Der deutschfreundliche Polizeichef Tulp ist Mitglied der NSB (niederländische „Nationalsozialistische Bewegung“) und sorgt dafür, dass die Amsterdamer Polizei bei der Verhaftung der Jüdinnen und Juden in Amsterdam bereitwillig mitwirkt.

Jagd auf Juden

1942-1945 Niederlande

Im Januar 1944 wird das jüdische Ehepaar Wittenburg von „Judenjägern“ verhaftet. Das sind niederländische Polizisten, die speziell auf der Suche nach untergetauchten Juden sind. Von der Polizeiwache aus werden die Eheleute nach Westerbork gebracht und von dort aus in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Heintje, die Frau, wird im April 1944 in der Gaskammer ermordet. Ihr Mann Bram wird 1945 von der Roten Armee befreit.

Bis zum Herbst 1943 wurden fast alle Jüdinnen und Juden aus den Niederlanden deportiert. Viele sind aber auch untergetaucht, und die Nazis wollen sie unbedingt finden. Da die niederländische Polizei nach Ansicht der Nazis nicht genügend mitwirkt, gründen sie mit prodeutschen Polizisten Spezialabteilungen, die Juden aufspüren sollen. Unter diesen Polizisten sind überzeugte Antisemiten, die Juden hassen, aber auch Opportunisten, die vor allem an der Prämie interessiert sind, die sie für jeden verhafteten Juden bekommen. Zudem bereichern sie sich bei den Verhaftungen heimlich am Besitz der Untergetauchten und der Versteckgeber.

Die Untergetauchten werden nach Auschwitz gebracht

3. September 1944 Auschwitz-Birkenau

Am 3. September 1944 werden die Untergetauchten mit dem Zug vom Durchgangslager Westerbork in den Niederlanden nach Auschwitz-Birkenau im besetzten Polen gebracht. Mit 1.011 anderen Menschen sind sie in verriegelten Güterwaggons eingepfercht. Zweieinhalb Tage später kommen sie nachts an.

Sie müssen aussteigen und ihr Gepäck zurücklassen. Männer und Frauen müssen sich separat aufstellen. Auguste van Pels muss sich von Hermann und Peter trennen, Otto Frank sieht seine Frau und seine Töchter zum letzten Mal.

Die Gefangenen werden auf ihre Arbeitstauglichkeit beurteilt. Die Untergetauchten überstehen diese Musterung. 371 ihrer Mitgefangenen werden als nicht arbeitsfähig eingeschätzt und in die Gaskammer geschickt. Die Untergetauchten gehen weiter zu der sogenannten Sauna. Dort tätowiert man ihnen eine Nummer auf den Arm. Sie duschen und bekommen Lagerkleidung oder etwas anderes, was gerade verfügbar ist.

Edith, Margot, Anne und Auguste bleiben im Lager Auschwitz-Birkenau und sind in einer Baracke für Zwangsarbeiterinnen untergebracht. Otto, Hermann, Peter und Fritz müssen in das Lager Auschwitz I drei Kilometer weiter marschieren. Sie müssen schwere Arbeit verrichten.

Kugler und Kleiman im Straflager Amersfoort

11. September 1944 Amersfoort

Die Helfer Johannes Kleiman und Victor Kugler werden nach ihrer Verhaftung am 4. August bis zum 11. September in Amsterdam eingesperrt. Ihre Zellen sind nebeneinander. Dann werden sie in das Straflager Amersfoort überstellt. Das ist ein Lager der SS für politische Gefangene und andere „Straffälle“.

Johannes Kleiman wird wegen „Arbeitsverweigerung“ verurteilt. Er bleibt nicht lange im Straflager. Er hat schon seit langem Probleme mit Magenblutungen. Deshalb kann er nicht zur Zwangsarbeit nach Deutschland geschickt werden. Auf Betreiben des Roten Kreuzes wird er sieben Tage später entlassen.

Victor Kugler ist wegen „Judenbegünstigung“ verurteilt worden. Er bleibt länger in Haft. Nach drei Wochen im Lager muss er an verschiedenen Orten in den Niederlanden Zwangsarbeit verrichten. Im März 1945 marschiert er in einer Kolonne von etwa 600 Gefangenen in Richtung Deutschland. An der Grenze werden sie von alliierten Flugzeugen beschossen, und er kann fliehen. Ein paar Tage später kommt er in seiner Wohnung in Hilversum an. Bis zur deutschen Kapitulation am 5. Mai hält er sich dort versteckt.

Anne, Margot und Auguste werden nach Bergen-Belsen gebracht

1. November 1944 Auschwitz - Bergen-Belsen

Am 30. Oktober 1944 werden im Lager Auschwitz-Birkenau rund 1.000 Frauen zur Zwangsarbeit in der deutschen Kriegsindustrie ausgesucht. Sie müssen in der Nacht vom 1. November in einen Zug steigen. Unter ihnen sind Anne, Margot und Auguste. Edith bleibt zurück.

Zwei Tage später kommt der Zug in Bergen-Belsen an. In diesem Konzentrationslager in Norddeutschland sind Kriegsgefangene und Juden eingesperrt. Bergen-Belsen dient auch als Zwischenstation vor dem Transport in andere Lager.

Die Frauen müssen in Zelten hausen, doch die werden wenige Tage später von einem Sturm zerstört. Danach werden sie in Baracken untergebracht, in denen kaum noch Platz ist. Das Lager ist schmutzig, nass und kalt. Die Menschen leiden Hunger, können sich nicht sauber halten und bekommen ansteckende, tödliche Krankheiten wie Fleckfieber. Da immer neue jüdische Gefangene in das Lager gebracht werden, ist es überfüllt und die Situation wird immer schlimmer.

Anne, Margot und Auguste begegnen verschiedenen niederländischen Frauen und versuchen, sich gegenseitig zu helfen. Über das, was sie im Lager erlitten haben, ist kaum etwas bekannt.

Otto reist nach Hause zurück

5. März 1945 Katowice

Erst sechs Wochen nach der Befreiung von Auschwitz ist Otto wieder so weit bei Kräften, dass er das Lager verlassen kann. Am 5. März 1945 fährt er nach Katowice, eine Stadt in der Nähe des Lagers. Dort erfährt er von Rosa de Winter, die mit seiner Frau Edith in einer Baracke war, dass Edith gestorben ist.

Otto schreibt Briefe an seine Angehörigen in der Schweiz und in Großbritannien. Er möchte in die Schweiz zu seiner Familie reisen, doch das geht nicht, weil er keinen Ausweis besitzt. Deshalb muss er sich anderen Niederländern anschließen, die nach Hause reisen.

Am 2. April bricht Otto nach Odessa in der Sowjetunion (heute in der Ukraine) auf. Drei Wochen später kommt er in der Stadt am Schwarzen Meer an.

Otto bekommt die Tagebücher

Juli 1945 Amsterdam

Im Juli 1945 begegnet Otto Frank den Schwestern Janny und Lientje Brilleslijper. Sie waren zusammen mit Anne und Margot in Bergen-Belsen gefangen. Sie berichten ihm von den schrecklichen letzten Lebensmonaten und dem Tod seiner Töchter als Folge von Fleckfieber.

Auch Miep erfährt die traurige Nachricht. Sie hat die Tagebücher für Anne aufbewahrt. Doch da Anne nicht wiederkommen wird, übergibt sie alles Otto.

Eine Zeit lang hat Otto nicht die Kraft, darin zu lesen. Doch als er dann anfängt, ist er sehr ergriffen. „Ich hatte keine Ahnung von der Tiefe ihrer Gedanken und Gefühle gehabt.“

Otto tippt Teile des Tagebuchs ab und gibt sie Angehörigen und Freunden zum Lesen. Einige von ihnen meinen, er solle das Tagebuch veröffentlichen. Andere sind strikt dagegen. Schließlich entscheidet sich Otto für die Veröffentlichung. Er macht aus dem Tagebuch ein Typoskript und bietet es Verlagen an.

Todesmärsche aus Konzentrationslagern

Winter 1945 Deutschland

Im Sommer 1944 verlieren die Deutschen immer mehr Gebiete an die Rote Armee. Die Front verschiebt sich so schnell nach Westen, dass die Nazis befürchten, ihre Konzentrations- und Vernichtungslager würden entdeckt. Himmler, Chef der SS, befiehlt, Gefangene aus dem besetzten Osteuropa nach Deutschland zu holen. Dann werden die Lager leerer, die Gefangenen können nicht befreit werden und dem Feind etwas berichten, und zudem können sie noch zur Zwangsarbeit eingesetzt werden.

Zuerst werden die Gefangenen mit Zügen in den Westen gebracht. Aber seit dem Herbst, als die Sowjets weiter vorgerückt sind, müssen sie weite Strecken zu Fuß zurücklegen. Die Gefangenen nennen das „Todesmärsche“. Bei winterlichen Wetterverhältnissen müssen sie Hunderte Kilometer laufen, ohne warme Kleidung und Schuhe, Lebensmittel oder Schlafdecken. Wer vor Erschöpfung nicht mehr weiter kann, wird erschossen oder erschlagen. Die Überlebenschance ist sehr gering.

Operation Market Garden

September 1944 Arnheim, Niederlanden

Nach der Befreiung Frankreichs und Belgiens im August und September 1944 wollen die Alliierten nach Deutschland vorstoßen. Doch die deutsche Verteidigungslinie an der Grenze zu Belgien ist zu stark. Der britische General Montgomery will sie deshalb über die Niederlande umgehen.

Montgomery hat einen kühnen Plan: Operation Market Garden. Er will wichtige Brücken im Osten der Niederlande erobern, damit die Armeen der Alliierten über die Flüsse hinweg nach Deutschland vorrücken können. Außerdem kann die deutsche Wehrmacht in den westlichen Niederlanden auf diese Weise eingekreist werden. Die Brücken sollen dann von Fallschirmspringern und Luftlandetruppen eingenommen werden. Panzer rücken unterdessen zur Verstärkung über Land vor. Damit Montgomerys Plan gelingt, ist es wichtig, dass die Truppen der Alliierten schneller in Arnhem sind als die deutschen Verstärkungen. Der östlichste Punkt des Unternehmens ist Arnhem, wo sich die letzten strategisch wichtigen Brücken befinden.

Am 17. September und an den Tagen darauf landen Tausende britische, irische, amerikanische und polnische Soldaten mit Fallschirmen oder Lastenseglern in der Nähe von Eindhoven, Nijmegen und Arnhem, um die Brücken einzunehmen. An manchen Orten haben sie Erfolg, doch bei Arnhem scheitert der Plan. Die Einheiten können sich nicht gut miteinander verständigen, die Bevorratung ist schwierig und die deutsche Armee bietet schon bald großen Widerstand. Viele Soldaten fallen oder geraten in Gefangenschaft. Ein kleiner Teil wird gerettet.

Die Operation Market Garden misslingt. Arnhem war „a bridge too far“ (eine Brücke zu weit). Die Armee gelangt bis Nijmegen, 25 Kilometer weiter südlich. In den Wochen darauf werden andere Teile der südlichen Niederlande befreit. Danach bleibt es still an der Front bis zum Frühjahr 1945.

Hungerwinter: Hunger und Kälte in den Niederlanden

Dezember 1944 Niederlande

Die Befreiung der südlichen Niederlande im Herbst 1944 hat schlimme Folgen für den besetzten Westen des Landes.

Die niederländische Exilregierung in London ruft zu einem großen Streik der Eisenbahner auf, um am 17. September 1944 die Operation Market Garden zu unterstützen. 30.000 Bahnangestellte streiken. Bis zum Ende des Krieges fahren keine Züge mehr. Doch als Strafmaßnahme blockieren die deutschen Besatzer sechs Wochen lang die Lebensmitteltransporte in die Provinzen Nord- und Südholland. Mit eigenen Zügen stellen die Deutschen ihre Versorgung sicher.

Die Zufuhr von Steinkohle aus der Provinz Limburg ist abgeschnitten, denn dazwischen liegt nun die Frontlinie zwischen Deutschland und den Alliierten.

Im Dezember 1944 frieren außerdem die Flüsse und das IJsselmeer zu. Nun kann auch nichts mehr über Wasser transportiert werden.

Bald herrscht im Westen der Niederlande großer Mangel an Brennstoff und Lebensmitteln. Von überall her versucht die Bevölkerung Holz zum Heizen aufzutreiben. Die Menschen fällen illegal Bäume, verbrennen alte Möbel und stehlen die Holzschwellen der Straßenbahnschienen. In den verlassenen Häusern deportierter Juden reißen sie alle hölzernen Bauteile heraus, sodass die Häuser manchmal einstürzen.

Die Nahrungsmittelknappheit führt zu einer Hungersnot. Die Menschen essen alles, was nur irgendwie essbar ist: Tulpenzwiebeln und Zuckerrüben, aber auch Hunde und Katzen. Da es auf dem Land noch Nahrungsmittel gibt, laufen oder radeln Menschen Dutzende Kilometer, um bei Bauern etwas Essbares zu kaufen. Manche dieser Bauern bereichern sich an der Hungersnot und tauschen ihre Produkte nur gegen teuren Schmuck und hohe Geldsummen. Andere helfen, so gut sie können, aber die Lebensmittelknappheit bleibt bestehen. Etwa 20.000 Menschen sterben als Folge des Hungerwinters.

Verhaftung und Freilassung Karl Silberbauer

1963 Wien

1963 wird der ehemalige Nazi Karl Silberbauer in Wien festgenommen. Er ist der SD-Mann, der die acht Untergetauchten 1944 verhaftet hat. Seit 1946 arbeitet er wieder - wie vor dem Zweiten Weltkrieg - als Polizist in Wien. Der „Nazijäger“ Simon Wiesenthal hat Silberbauer in Wien aufgespürt.

In einer schriftlichen Erklärung sagt Silberbauer aus, er hätte die Verhaftung der Untergetauchten wahrscheinlich vergessen, wenn Anne Frank und ihr Tagebuch nicht so berühmt geworden wären. Er nennt noch viele Einzelheiten der Verhaftung, äußert sich aber nicht zu einem Verräter.

Die Wiener Polizei hat Silberbauer während der Ermittlungen vom Dienst suspendiert. Doch er darf seine Arbeit danach weiter ausüben, weil er nicht strafrechtlich verfolgt werden kann. Die Begründung lautet, er habe 1944 „auf Befehl“ gehandelt und sich bei der Verhaftung „korrekt“ verhalten.

Aufstellung Skulptur von Anne Frank in Utrecht

12. April 1960 Utrecht

Am 30. April 1959 schenken die Kinder und Jugendlichen von Utrecht der Stadt eine Statue von Anne Frank. Es ist ein Dank dafür, dass die Stadtverwaltung die verschiedenen Jugendorganisationen in der Stadt unterstützt.

Um die Statue bezahlen zu können, haben die Kinder Schrott und Papier gesammelt. Die Bronzeskulptur wird von Pieter d’Hont geschaffen. 1960 wird sie auf dem Utrechter Platz Janskerkhof aufgestellt.

Es ist die erste Statue von Anne Frank auf der ganzen Welt.

Im Dezember 1985 wurde die Statue durch Vandalismus unwiederbringlich zerstört. Im darauffolgenden Jahr wurde eine Nachbildung aufgestellt.

Eine Kopie der Statue wurde am 8. August 2021 in Edmonton, Kanada, enthüllt.

Zeitungsartikel über das Tagebuch

3. April 1946 Amsterdam

Am 3. April 1946 steht ein Artikel auf dem Titelblatt der Amsterdamer Zeitung „Het Parool“. Er hat den Titel „Kinderstem“ (Kinderstimme) und stammt von dem bekannten Historiker Jan Romein. Tief beeindruckt berichtet er von Anne Franks Tagebuch, ohne ihren Namen zu nennen.

Er hat das Manuskript gelesen, das Otto aus Annes Tagebüchern zusammengestellt hat. Das Tagebuch sei „intelligent“, schreibt er, „menschlich“ und „in beneidenswert reinem und klarem Niederländisch verfasst“. Es zeige „eine unfehlbare Einsicht in die menschliche Natur“. Das Tagebuch rufe ihm die Kriegszeit in die Erinnerung zurück und es sei ein Zeugnis für die Verbrechen der Nazis.

Aufgrund des Artikels interessieren sich mehrere Verlage für das Tagebuch.

Das Tagebuch wird in Hollywood verfilmt

1959 Los Angeles

1959 hat der Film The Diary of Anne Frank Premiere. Regisseur ist George Stevens, das Drehbuch stammt von Frances Goodrich und Albert Hackett, die auch das Theaterstück geschrieben haben.

Der Film wurde in Amsterdam und in einem Studio in Hollywood gedreht. Otto besucht das Filmset. Shelley Winters, die Darstellerin der Gusti van Pels, merkt, wie sehr es ihn mitnimmt, die Schauspieler und die Kulissen im Stil der Zeit des Untertauchens zu sehen.

Otto Frank sagt voraus, dass Shelley Winters einen Oscar für ihre Rolle bekommen wird. Das geschieht tatsächlich. Der Film wird mit zwei weiteren Oscars ausgezeichnet. Einen für „Beste Kamera - schwarz-weiß“ (William C. Mellor) und einen für „Best Art-Direction – Szenenbild, schwarz-weiß“ (Lyle R. Wheeler, George W. Davis, Walter M. Scott, Stuart A. Reiss).

Novemberrevolution: Deutschland wird eine Republik

9. November 1918 Deutschland

Im Herbst 1918 haben viele Menschen in Deutschland den Krieg mehr als satt. Es herrscht großer Mangel an Lebensmitteln, und im ganzen Land kommt es zu Protesten und Demonstrationen. Die Bevölkerung gibt Kaiser Wilhelm II. die Schuld am Krieg und will, dass er abdankt. Auch viele Soldaten sind kampfesmüde und wollen, dass der Krieg aufhört.

Am 9. November 1918 dankt der Kaiser notgedrungen ab. Aber es ist unklar, wer die Macht erhalten soll. Die etablierten Parteien befürchten, dass die kommunistischen Revolutionäre die Macht ergreifen. Um das zu verhindern, ruft der sozialdemokratische Politiker Philipp Scheidemann noch am Nachmittag dieses Tages die Republik aus.

Ein paar Stunden später erklärt Karl Liebknecht, der Führer des kommunistischen Spartakusbundes, dass Deutschland nun eine „freie sozialistische Republik“ sei. Daraufhin kommt es zu einem Machtkampf zwischen der sozialdemokratischen Partei und den Kommunisten.

Im Januar 1919 erreichen die Unruhen einen Höhepunkt. Linke Arbeiter rufen zu einem Generalstreik auf, dem Spartakusaufstand. Um eine linksradikale Revolution zu verhindern, setzen die gemäßigten Sozialdemokraten die Armee und die Freikorps ein. Diese kämpfen auf den Straßen gegen die Revolutionäre. Ein Freikorps ist eine selbstständige Einheit freiwilliger Soldaten. Sie sind sowohl gegen die Kommunisten als auch gegen die Republik.

Am 15. Januar verhaften Mitglieder eines Freikorps die beiden führenden Personen des Aufstandes, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, und misshandeln und ermorden sie. Damit endet der Aufstand. Es bleibt aber noch monatelang unruhig in Deutschland.

Deutschland schließt Waffenstillstand mit Großbritannien und Frankreich

11. November 1918 Compiègne

Im Herbst 1918 zeichnet sich ab, dass Deutschland den Krieg nicht gewinnen kann. Die Gegner sind wirtschaftlich und militärisch zu stark. Zudem geben immer mehr Bündnispartner des Deutschen Reichs den Kampf auf. In Deutschland selbst herrscht große Unruhe. Dem Land bleibt nichts anderes übrig, als den Krieg zu beenden.

Am 9. November 1918 treffen sich Vertreter der Entente und des Deutschen Reichs in einem Bahnwaggon im Wald von Compiègne, einer kleinen Stadt 60 Kilometer nördlich von Paris. Der deutsche Abgesandte Matthias Erzberger will noch über die Bedingungen des Waffenstillstands verhandeln. Darauf lässt sich die Delegation der Entente nicht ein. Sie verlangt von Deutschland die bedingungslose Kapitulation. Zwei Tage später, am 11. November, unterzeichnet Deutschland den Waffenstillstand, der am selben Tag um 11.00 Uhr in Kraft tritt.

Deutschland verliert durch den Waffenstillstand viel. Im Vertrag steht, dass Deutschland innerhalb von zwei Wochen alle Truppen vom französischen und belgischen Territorium zurückziehen muss. Das Rheinland, ein Gebiet an der Grenze Deutschlands zu Belgien und Frankreich, wird von Truppen der Entente besetzt. Deutschland muss die Gebiete in Osteuropa zurückgeben, die es im Krieg erobert hat. Außerdem muss das Land große Mengen Kriegsmaterial an die Siegermächte abtreten.

Nazis veranstalten Parteitag in Nürnberg

1. August 1927 Nürnberg

1927 veranstaltet die NSDAP zum ersten Mal ihren Parteitag - die jährliche landesweite Parteiversammlung - in der Stadt Nürnberg. Der Parteitag wird gut vorbereitet und zu Propagandazwecken benutzt. So wollen die Nazis zeigen, wie großartig ihre Bewegung ist.

Deutschland greift die Niederlande, Belgien und Frankreich an

10. Mai 1940 Westeuropa

Am 10. Mai 1940 überfällt Deutschland die Niederlande, Belgien, Luxemburg und Frankreich. Luxemburg wird noch am selben Tag besetzt. Die Niederlande kapitulieren am 15. Mai, Belgien am 28. Mai. Großbritannien unterstützt die Niederlande, Belgien und Frankreich, zieht sich später jedoch zurück.

Am 5. Juni startet die deutsche Wehrmacht einen Großangriff gegen Frankreich. Am 14. Juni besetzen deutsche Truppen Paris. Die französische Regierung und viele Einwohner*innen der Stadt sind bereits geflohen. Der französischen Regierung gelingt es nicht, die Armee gut zu führen, und sie verliert das Vertrauen der Bevölkerung. Der französische Premierminister tritt zurück. Marschall Philippe Pétain wird sein Nachfolger.

Am 22. Juni unterzeichnet die französische Armee die Kapitulation in einem Bahnwaggon bei Compiègne, einer kleinen Stadt 60 Kilometer nördlich von Paris. Dieser Ort hat eine besondere Bedeutung für die Deutschen. 1918, am Ende des Ersten Weltkriegs, unterzeichnete Deutschland hier die Kapitulation. Das empfanden viele Deutsche als große Demütigung.

Deutschland besetzt nicht das gesamte Gebiet Frankreichs. Südlich der Front ist eine neue französische Regierung unter Marschall Pétain an der Macht. Dieses „Vichy-Regime“, benannt nach dem Regierungssitz im Kurort Vichy, arbeitet mit den Deutschen zusammen. Nicht alle Franzosen finden sich damit ab. Manche gehen in den Widerstand, andere fliehen nach London. Dort gründet General Charles de Gaulle das „Freie Frankreich“ mit dem Ziel, gegen die deutsche Besetzung Frankreichs zu kämpfen.

Deutschland überfällt mit Bündnispartnern Griechenland und Jugoslawien

6. April 1941 Jugoslawien - Griechenland

Zusammen mit den Bündnispartnern Italien, Bulgarien und Ungarn überfällt Deutschland am 6. April 1941 Griechenland und das Königreich Jugoslawien. Drei Tage lang bombardiert die deutsche Luftwaffe Belgrad, die Hauptstadt Jugoslawiens. Am 17. Mai kapituliert Jugoslawien.

Gebiete Jugoslawiens werden Deutschland und dessen Bündnispartnern angegliedert. Im Westen annektiert Italien den Süden Sloweniens und einen Streifen an der Adriaküste. Deutschland besetzt einen Teil Serbiens und nimmt den Norden Sloweniens ein, Ungarn einen anderen Teil Sloweniens und Serbiens. Bulgarien annektiert Mazedonien.

In einem großen Teil Jugoslawiens entsteht ein neuer Staat: der Unabhängige Staat Kroatien. Dieses Land arbeitet mit Italien und Deutschland zusammen. Es wird von der faschistischen Ustascha-Bewegung unter Ante Pavelić regiert. Diese Regierung verübt schreckliche Kriegsverbrechen gegen Serben, Juden, Roma und Sinti.

Italien hat 1939 Albanien besetzt und greift von dort aus im Oktober 1940 Griechenland an. Da sich Griechenland für Italien als zu stark erweist, kommt Deutschland im April 1941 über Jugoslawien und Bulgarien zu Hilfe. Im Mai landen deutsche Fallschirmjäger auf Kreta. Nach 11 Tagen schwerer Kämpfe besetzen sie die ganze Insel, und am 1. Juni 1941 fällt Griechenland.

Die deutsche Armee steckt in der Sowjetunion fest

Oktober 1941 Moskau

Der deutsche Vormarsch in der Sowjetunion kommt im Oktober 1941 vor Moskau zum Stillstand. Als die herbstliche Regenzeit hereinbricht, bleiben die Panzer im Schlamm stecken. Dann setzt früh der Winter ein.

Es wird der kälteste Winter seit Jahrzehnten. Die Fahrzeuge versagen bei den eisigen Temperaturen. Da die deutsche Armeeführung mit einem schnellen Sieg gerechnet hatte, haben die Soldaten keine angemessene Winterkleidung und leiden unter der Kälte. Doch die Kälte ist nicht das einzige Problem. Moskau ist so weit von Deutschland entfernt, dass es sehr schwierig ist, Waffen und Lebensmittel zu den Truppen zu schaffen.

Siege der Alliierten in Nordafrika

November 1942 Nordafrika

Am 9. November 1942 landen britische und amerikanische Truppen in Nordafrika. Es ist ihre erste militärische Zusammenarbeit in diesem Krieg. Die alliierten Truppen gehen an mehreren Orten in Marokko und Algerien an Land. In Algier, Algeriens Hauptstadt, helfen jüdische Widerstandskämpfer den Alliierten dabei, die Stadt einzunehmen. Vichy-Frankreich (die französische Regierung, die mit Nazi-Deutschland zusammenarbeitet) kapituliert in Marokko und Algerien.

Mit dieser Invasion greifen die Alliierten Deutschland im Rücken an. Dreitausend Kilometer weiter östlich, in Ägypten und Libyen, kämpft Deutschland nämlich schon länger gegen die britische Armee. Dort wird das Land am 11. November 1942 bei El-Alamein besiegt.

Ein halbes Jahr später, im Mai 1943, werden Deutschland und Italien ganz aus Nordafrika vertrieben.

Schlacht in der Javasee

27. Februar 1942 Niederländisch-Indien

Nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor erklären die Niederlande Japan den Krieg. Zusammen mit den alliierten Bündnispartnern USA, Großbritannien und Australien stellen die Niederlande eine Armee auf. Diese Armee heißt ABDACOM: American-British-Dutch-Australian Command. ABDACOM soll eine japanische Invasion in Südostasien verhindern. Doch das gelingt nicht. Von Dezember 1941 bis Februar 1942 erobert Japan Malaysia, Singapur und Teile von Niederländisch-Indien.

Am 27. Februar 1942 ist eine japanische Flotte unterwegs, um Truppen auf Java (Niederländisch-Indien) an Land zu setzen. Die alliierte ABDACOM-Flotte versucht diese Invasion zu stoppen. Die Schiffe stehen unter dem Befehl des Niederländers Karel Doorman auf dem Schiff „Hr. Ms. De Ruyter“.

Japans Flotte ist zu stark. Sie besitzt mehr Schiffe, bessere Waffen und Aufklärungsflugzeuge. Die ABDACOM-Flotte hat schlechte Kommunikationsmittel. In einer siebenstündigen Seeschlacht verlieren die Alliierten fünf Schiffe und mehr als 1.000 Soldaten. In den Tagen darauf zerstört die japanische Marine die übrigen Schiffe.

Am 28. Februar 1942 landen die japanischen Truppen auf Java. Die Niederlande spielen für den Rest des Zweiten Weltkriegs keine bedeutende militärische Rolle mehr.

Japan besetzt Niederländisch-Indien

9. März 1942 Niederländisch-Indien

Am 8. März 1942 unterzeichnet der Befehlshaber der niederländischen Streitkräfte in Niederländisch-Ostindien die Kapitulation gegenüber Japan. Am nächsten Tag wird die Kapitulation im Radio verkündet.
Zwei Wochen zuvor hat Japan die niederländische Flotte bei der Schlacht in der Javasee zerstört. Die Niederlande sind nun nicht nur von Deutschland besetzt, sondern haben auch ihre größte Kolonie verloren. Das ist ein großer Schlag für die Alliierten. In Niederländisch-Indien wird viel Erdöl gefördert, und es besitzt auch andere wichtige Rohstoffe wie Bauxit (für Aluminium) und Kautschuk. Diese Rohstoffe gelangen nun in den Besitz Japans.

Die niederländischen Bewohner*innen und auch viele Indonesier*innen werden in Lagern interniert. Tausende niederländische und alliierte Kriegsgefangene und Zehntausende Indonesier müssen Zwangsarbeit in anderen von Japan besetzten Ländern leisten.

Indonesische Nationalisten, die die Unabhängigkeit von den Niederlanden anstreben, werden von Japan als Mitstreiter im Krieg akzeptiert. Japan erlaubt ihnen jedoch nicht, dass sie das Land „Indonesien“ nennen.

Juden werden im besetzten Polen gedemütigt

1. Oktober 1939 Besetztes Polen

Polen wird 1939 von Deutschland besetzt. Sofort nimmt der Antisemitismus gegenüber polnischen Juden und Jüdinnen zu. SS-Leute und andere Deutsche schneiden religiösen Juden die Bärte ab, zünden Synagogen und jüdische Häuser an und zwingen Juden zu Zwangsarbeit.

Die Nazis richten auch Ghettos ein. Das sind Viertel in einer Stadt oder einem Dorf, in denen Menschen jüdischen Glaubens wohnen müssen. Sie dürfen die Ghettos nicht verlassen. Die Lebensumstände dort sind menschenunwürdig. Es gibt zu wenig Wohnraum, das Essen ist knapp, und die hygienischen Verhältnisse sind schlecht.

Einsatzgruppen: spezielle Mordkommandos

1941-1942 Sowjetunion

Nach dem Überfall auf die Sowjetunion stellen die Nazis in den eroberten Gebieten sogenannte Einsatzgruppen auf. Diese Mordkommandos sollen Jüdinnen und Juden und kommunistische Funktionäre töten. Die Wehrmacht unterstützt sie dabei.

Die Einheiten fordern ihre Opfer dazu auf, sich an zentralen Punkten zu sammeln, oder sie treiben sie bei Razzien zusammen. Dann ermorden sie die Menschen am Rand von Schluchten oder vor ausgehobenen Gräben. Manchmal bringen sie die Menschen erst in Ghettos unter und ermorden sie später.

Eines der berüchtigtsten Massaker findet im September 1941 in der Schlucht Babi Jar bei Kiew statt. Bei einem Anschlag des NKWD (Geheimdienst der Sowjetunion) wird das Armeehauptquartier der Deutschen beschädigt. Die Nazis beschließen, als Vergeltungsmaßnahme alle Juden in Kiew zu ermorden.

Die Einsatzgruppe C befiehlt den jüdischen Bewohnern Kiews auf Flugblättern, sich für eine „Umsiedlung“ zu melden. Mehr als 30.000 Menschen befolgen den Befehl. Sie werden zu der Schlucht Babi Jar getrieben. Dort müssen sie alles abgeben, was sie besitzen, und sich entkleiden. Dann werden sie erschossen.

Die Einsatzgruppe C ermordet hier innerhalb von zwei Tagen 33.771 jüdische Männer, Frauen und Kinder. Auch Kollaborateure aus der Stadt sind an dem Massaker beteiligt. Ende 1941 haben die Einsatzgruppen circa 300.000 Menschen ermordet. Ein halbes Jahr später sind es ungefähr eine halbe Million. Neben Juden sind darunter auch Zehntausende sowjetische Parteifunktionäre, Partisanen, Behinderte und Roma.

Aktion Reinhard: Ermordung der Juden im besetzten Polen

1942 - 1943 Besetztes Polen

Im Herbst 1941 beginnen die Nazis mit den Vorbereitungen für eine großflächige Mordaktion: die Auslöschung der mehr als zwei Millionen Jüdinnen und Juden, die im besetzten Teil Polens leben. Der Befehl dazu kommt von Heinrich Himmler, dem „Reichsführer SS“. Nachdem im Juni 1942 ein Attentat auf den SS-Funktionär Reinhard Heydrich verübt wurde, wird der Einsatz nach ihm benannt: „Aktion Reinhardt“.

Die Nazis errichten drei Vernichtungslager, um ihren Plan auszuführen. Diese liegen in schwer zugänglichen Gebieten: Belzec, Sobibor und Treblinka. Das Arbeitslager Majdanek existiert bereits und erhält nun Gaskammern. Die Lager sind im Frühjahr 1942 fertig. Die Juden und Jüdinnen aus den Ghettos werden in diese Lager gebracht und gleich nach der Ankunft in Gaskammern ermordet.

Ende 1942 sind fast 1,3 Millionen Menschen umgebracht worden. Im November 1943 endet die „Aktion Reinhardt“. Die Lager werden geräumt und die Leichen der Opfer ausgegraben und verbrannt. Danach pflanzen die Nazis Bäume auf dem Gelände, um die Spuren ihrer Verbrechen zu tilgen. Alle jüdischen Gefangenen des Lagers Majdanek werden ermordet.

Dieser Aktion fielen insgesamt mehr als zwei Millionen Menschen zum Opfer. Neben den jüdischen Polinnen und Polen wurden in den Lagern auch Menschen jüdischen Glaubens aus Frankreich, Jugoslawien, der Sowjetunion, der Tschechoslowakei, der Slowakischen Republik, Österreich und aus Balkanländern umgebracht. In Sobibor werden 1943 mehr als 34.000 jüdische Niederländer*innen ermordet.

Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz

März 1942 Auschwitz-Birkenau

Ende 1941 wird das Konzentrationslager Auschwitz im besetzten Polen um einen zweiten Ort erweitert: Birkenau. Ab Mitte 1942 verschleppen die Nazis Jüdinnen und Juden aus ganz Europa in dieses Lager, um sie zu ermorden.

Das erste Lager von Auschwitz wurde im Mai 1940 als Gefängnis für politische Gefangene und Kriegsgefangene errichtet. Bei den Kriegsgefangenen handelte es sich vor allem um Polen und Sowjets. Da der Platz für die wachsende Zahl der Gefangenen nicht ausreicht, wird 1942 wenige Kilometer weiter das Lager Birkenau gebaut.

Auschwitz-Birkenau ist ein weiträumiges, 175 Hektar großes Gelände. Es hat Hunderte Baracken, in denen jeweils mehrere hundert Menschen untergebracht sind.

Das Lager hat den Zweck, Menschen umzubringen. Nach der Ankunft werden sie ermordet, es sei denn, die Nazis können sie als Zwangsarbeiter gebrauchen. Die hygienischen Umstände sind sehr schlecht, und es gibt zu wenig und schlechtes Essen. Gefangene sterben vor Entkräftung und durch Krankheiten.

Das Lager hat vier große Gaskammern, in denen die Gefangenen mit dem Gift Zyklon B ermordet werden.

Mehr als 57.000 Jüdinnen und Juden aus den Niederlanden werden in Auschwitz ermordet. Nur 970 jüdische Niederländer*innen überleben das Lager.

Insgesamt wurden in Auschwitz und seinen Nebenlagern mehr als 1 Million Menschen ermordet: circa 1 Million Juden, 70.000 Polen und 21.000 Roma und Sinti. Fast alle 15.000 sowjetischen Kriegsgefangenen in diesem Lager starben. Außerdem kamen Tausende politische Häftlinge und Widerstandskämpfer aus mehreren Ländern Europas um.

Niederländische Juden werden beraubt

8. August 1941 Amsterdam

Am 8. August 1941 eröffnet an der Sarphatistraat in Amsterdam die Liro-Bank. Es scheint sich um eine Filiale des jüdischen Bankhauses Lippmann, Rosenthal & Co zu handeln. Doch das stimmt nicht. Es ist eine „Raubbank“, von den Nazis eingerichtet, um Geld und Wertsachen von Juden zu stehlen.

Die Nazis ergreifen viele Maßnahmen, um Juden in den Niederlanden ihres Besitzes zu berauben. Ab 8. August 1941 müssen sie Bargeld und Bankguthaben, das 1000 Gulden überschreitet, bei der Liro-Bank einzahlen. Sie dürfen keine Konten mehr bei anderen Banken besitzen. Im September müssen Juden ihren Grundbesitz registrieren lassen. Im Mai 1942 müssen ihre übrigen Wertsachen wie Schmuck, Gold, Kunstwerke und Antiquitäten abliefern.

Ab Januar 1942 werden die Aktien aus jüdischem Besitz an der Börse veräußert. Auch Kunstwerke werden verkauft und landen in deutschen Museen. Die Erlöse gehen nicht an die ehemaligen Eigentümer*innen, sondern an die Liro-Bank. Im Juni 1942 durften Juden weder für sich noch für ihren gesamten Haushalt mehr als 250 Gulden Lohn erhalten. Alles, was sie darüber hinaus verdienten, musste auf ihr Konto bei der Liro-Bank eingezahlt werden. 1943 kündigt die Liro-Bank Lebensversicherungen von Juden und behält die ausgezahlten Beträge ein.

Mit dem Geld wird die Deportation der Jüdinnen und Juden mit Straßenbahnen und Zügen bezahlt. Auch die Erweiterung des Durchgangslagers Westerbork und der Bau des Konzentrationslagers Vught werden damit finanziert.

Insgesamt raubt die Liro-Bank den niederländischen Jüdinnen und Juden eine enorm hohe Summe. Schätzungen gehen von 325 bis 455 Millionen Gulden aus.

Jüdische Diamantenhändler werden durchsucht

17. April 1942 Amsterdam

Am 16. April 1942 müssen jüdische Diamantenhändler ihre Bestände beim „Rijksbureau voor Diamant“ (Reichsstelle für Diamanten) abliefern. Einen Tag später durchsuchen Beamte unter der Leitung eines Amsterdamer Kriminalbeamten die Taschen der jüdischen Händler in der Diamantenbörse in Amsterdam. Sie gehen dabei brutal und erniedrigend vor. Händler, die noch Diamanten besitzen, müssen diese abliefern.

Einrichtung „Bureau Joodsche Zaken“ Abteilung für jüdische Angelegenheiten

1. Juni 1942 Amsterdam

Der Präsident der Amsterdamer Polizei, Sybren Tulp, richtet am 1. Juni 1942 die „Abteilung für jüdische Angelegenheiten“ ein. Er ist der Ansicht, dass die Amsterdamer Polizei Juden besser aufspüren kann als deutsche Instanzen, da sie sich in der Stadt besser auskennt. Die Abteilung hat ihren Sitz im Zentrum Amsterdams. Geleitet wird sie von Rudolf Dahmen von Buchholz, NSB-Mitglied und Antisemit.

Die „Abteilung für jüdische Angelegenheiten“ ist zuständig, wenn Juden gegen die antijüdischen Gesetze und Verordnungen oder gegen allgemeine Gesetze verstoßen. Die Beamten spüren auch jüdische Untergetauchte auf. Bei Festnahmen wenden sie Gewalt an und stehlen jüdisches Eigentum. Die Diebstähle geraten stark außer Kontrolle. Deshalb wird die Abteilung Anfang 1943 unter die Leitung des Sicherheitsdienstes gestellt.

Die Alliierten landen auf Sizilien

10. Juli 1943 Sizilien

Die Alliierten beginnen am 10. Juli 1943 mit der Landung auf der Insel Sizilien. Die Insel liegt an der Spitze des italienischen Festlandes. Über Wasser und durch die Luft werden Truppen und Material an Land geschafft. Das schlechte Wetter erschwert die Militäroperation, sorgt jedoch auch für ein Überraschungsmoment. Die Deutschen und die Italiener erwarten bei dem starkem Wind keinen Angriff.

Am Ende des ersten Tages haben die Alliierten zwei Häfen erobert. So können neue Truppen schnell an Land gelangen. Nach einem heftigen Kampf gewinnen die Alliierten die Oberhand. Ende Juli beginnen Deutschland und Italien, ihre Truppen zurückzuziehen. Zwei Wochen später ist ganz Sizilien in den Händen der Alliierten.

Von Sizilien aus können die Briten und Amerikaner weiter in Italien vorrücken und mit der Befreiung Europas beginnen.

Letzte Razzien in Amsterdam: 17.000 Jüdinnen und Juden verhaftet

20. Juni 1943 Amsterdam

Am 20. Juni 1943, einem Sonntag, führen die deutschen Besatzer eine Großrazzia in Amsterdam durch. Die Nazis haben die Aktion im Geheimen vorbereitet. Deutsche und niederländische Polizisten riegeln die Wohnviertel in Amsterdam-Ost und Amsterdam-Süd ab. Hier wohnen die meisten Jüdinnen und Juden.

Ab morgens 3 Uhr 30 fahren Lautsprecherwagen durch die Straßen. Den Menschen wird befohlen, sich an Sammelplätzen einzufinden. Wer nicht freiwillig kommt, wird mit Gewalt aus der Wohnung geholt. Die Razzia dauert die ganze Nacht und geht auch am nächsten Tag weiter. Etwa 5.500 Menschen werden verhaftet.

Einen Monat später führen die Besatzer noch eine kleinere Razzia durch. Schließlich folgt am 29. September 1943 eine letzte Großrazzia. Rund 10.000 Menschen werden verhaftet und in das Lager Westerbork gebracht. Nun leben kaum noch Jüdinnen und Juden in Amsterdam.

Leere jüdische Wohnungen

1945 Amsterdam

Ungefähr 60.000 Menschen jüdischen Glaubens werden von 1941 bis 1945 von den Nazis aus Amsterdam verschleppt. Die meisten werden ermordet. In ihre Wohnungen ziehen oft andere Niederländer. Viele Häuser bleiben aber auch leer, die Türen werden verrammelt. Im Hungerwinter werden sie halb abgerissen für Brennholz. Im Transvaal-Viertel und im Judenviertel sind ganze Straßenzüge verlassen. Die Häuser sind zu Ruinen geworden.

Übersicht der Holocaust-Opfer

1945 Europa

Die Nazis ermorden während des Zweiten Weltkriegs jüdische Männer, Frauen und Kinder aus ganz Europa. Diese Karte zeigt die Zahl der jüdischen Opfer in jedem Land.

Hitlers letzter Angriff: die Ardennenoffensive

16. Dezember 1944 Belgien

Im Dezember 1944 unternimmt Deutschland einen letzten Versuch, die Alliierten zu besiegen. Hitler und seine Generäle hoffen, die Alliierten mit einem Großangriff zum Waffenstillstand zu zwingen.

Von den Alliierten unbemerkt verlegen die Deutschen immer mehr Truppen über die Grenze nach Belgien und Luxemburg. Hier startet die Wehrmacht am 16. Dezember den Angriff. Die Armee der Alliierten wird von der Attacke überrascht.

Die Alliierten sind zahlenmäßig unterlegen, und aufgrund schlechter Witterungsverhältnisse kann ihre Luftwaffe nicht aufsteigen. Der Vormarsch der deutschen Armee wird durch den Schnee gebremst.

Am 23. Dezember klart es wieder auf, und die Alliierten können mit ihren Flugzeugen die deutschen Stellungen bombardieren. Trotzdem dauert es noch bis zum 3. Januar 1945, bevor die Alliierten eine große Gegenoffensive starten. Erst Ende Januar haben sie die Deutschen auf die Ausgangspositionen ihres Angriffs zurückgedrängt.

Auf beiden Seiten sind die Verluste hoch. Zehntausende Soldaten sind tot, vermisst oder verwundet.

Deutschland kapituliert

7. Mai 1945 Reims

Hitler begeht am 30. April 1945 Selbstmord. In den Tagen darauf erfolgt der endgültige Zusammenbruch Nazi-Deutschlands. Berlin wird von der sowjetischen Armee besetzt. Die Deutschen haben nur noch Macht über ein paar kleinere, unzusammenhängende Gebiete in Deutschland und in den besetzten Ländern. Teile der Wehrmacht haben bereits kapituliert. Die Alliierten fordern die bedingungslose Kapitulation. Die Wehrmachtsführung hat keine Wahl mehr und muss die Forderung akzeptieren.

Am 7. Mai 1945 unterzeichnet der deutsche General Alfred Jodl in der französischen Stadt Reims die Kapitulation. Eisenhowers Stabschef und ein sowjetischer General unterzeichnen für die Alliierten. In dem Dokument steht, dass alle deutschen Streitkräfte am 8. Mai 1945 um 23.01 die Kampfhandlungen einstellen müssen.

Am nächsten Tag erklärt die Sowjetunion, dass sie die Kapitulation nicht akzeptiert. Sie fordert eine separate Kapitulation Deutschlands gegenüber der Roten Armee. Diese wird am 8. Mai von Feldmarschall Wilhelm Keitel in Berlin in Gegenwart von General Georgi Schukow, Generalstabschef der Roten Armee, unterzeichnet. Einen Tag später tritt die Kapitulation in Kraft.

Aufgrund der zwei verschiedenen Zeitpunkte der Kapitulation gibt es zwei Tage, an denen sie von den Alliierten gefeiert wird. In Westeuropa ist es der VE-Tag (Victory in Europe Day) am 8. Mai, in Russland feiert man am 9. Mai den Tag des Sieges.

Befreiungsfeste in den Niederlanden

Mai 1945 Niederlande

Am 5. Mai 1945 tritt die Kapitulation der deutschen Streitkräfte in Kraft. Die Niederlande sind nach fünf Jahren von der Besatzungsmacht erlöst. Im ganzen Land feiern die Menschen auf den Straßen die Befreiung.

Obwohl viele Menschen noch unter den Nachwirkungen der schweren Jahre leiden, überwiegt nach der Befreiung die Freude. Die Menschen tanzen, singen und schwenken die niederländische Fahne.

Die britischen und kanadischen Soldaten werden bei ihrem Einzug in die Städte als Helden empfangen. Menschen fahren auf ihren Panzern und Jeeps mit. Die Soldaten verteilen Kaugummi und Schokolade. Die Feierstimmung hält monatelang an.

Verhaftung NSB-Leiter Anton Mussert

7. Mai 1945 Den Haag

Anton Mussert, der Leiter der niederländischen Nationalsozialistischen Bewegung (NSB), wird am 7. Mai 1945 in Den Haag verhaftet. Vor dem Sondergerichtshof in Den Haag wird er im selben Jahr zum Tode verurteilt. Der Niederländer Mussert erhält diese Strafe, weil er bei der deutschen Herrschaft mitgewirkt und die Besatzer unterstützt hat.

Am 7. Mai 1946, ein Jahr nach seiner Verhaftung, wird Mussert von einem Erschießungskommando hingerichtet. Die Exekution findet auf der Waalsdorpervlakte statt. Hier haben die Deutschen im Krieg viele niederländische Widerstandskämpfer ermordet.

Hinrichtung von Auschwitz-Kommandant Rudolf Höß

16. April 1947 Oświęcim

Rudolf Höß wird am 16. April 1947 auf dem Lagergelände von Auschwitz unweit des ehemaligen Krematoriums erhängt. Höß war der Kommandant des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz. Er war für den Tod von fast einer Million Juden und anderer Gefangener im Lager verantwortlich.

Nach dem Krieg lebt Höß eine Zeit lang unter falschem Namen. Im März 1946 spürt ihn ein britisches Ermittlerteam auf. Im Nürnberger Prozess sagt er dann als Zeuge aus.

Die Alliierten liefern ihn an Polen aus. Als die Deutschen das Land besetzt hielten, hatten sie dort das Lager Auschwitz errichtet. Deshalb wird er in Polen vor Gericht gestellt.

In der Gefängniszelle schreibt er seine Autobiografie. Darin bedauert er, was geschehen ist. Er ist sich jedoch keiner Schuld bewusst und sagt, er habe nur Befehle befolgt. Im März 1947 wird er für schuldig befunden und zum Tode verurteilt.

Gedenken an die Opfer öffentlicher Hinrichtungen

5. Mai 1945 Amsterdam

Schon am 5. Mai 1945 legen Einwohner*innen von Amsterdam Blumen und Kränze an den Orten nieder, an denen Gefangene und Zivilisten erschossen worden waren. Viele Menschen nehmen daran teil.

Die Nazis erschießen seit September 1944 regelmäßig öffentlich Menschen als Vergeltung für Anschläge von Widerstandskämpfern. Manchmal holen sie Gefangene aus der Zelle, aber sie nehmen auch willkürlich Menschen aus der Umgebung des Anschlags fest. Passanten müssen zuschauen.

Auf dem Weteringplantsoen erschießen die deutschen Besatzer am 12. März 1945 dreißig politische Gefangene. Das Massaker ist eine Vergeltungsaktion für die Erschießung eines Beamten des Sicherheitsdienstes in einem Haus an der Stadhouderskade ganz in der Nähe. Die Exekution fordert unbeabsichtigt noch ein weiteres Todesopfer. Der untergetauchte Jan Koopmans wird von einem Querschläger getroffen, als er während der Exekution aus dem Fenster schaut.

Kurz nach der Exekution legen Mitglieder des Widerstandes die niederländische Fahne über die Opfer.

Das Nationalmonument auf dem Dam

13. Dezember 1947 Amsterdam

Königin Wilhelmina legt am13. Dezember 1947 einen Kranz am Nationalmonument auf dem Dam nieder. Vertreter der niederländischen Provinzen stellen Urnen in das Monument.

Die Urnen enthalten Erde aus allen Provinzen und von besonderen Orten: von den Stätten, an denen Menschen erschossen wurden, vom Grebbeberg, wo im Mai 1940 schwere Kämpfe stattfanden, und aus Walcheren, wo die Truppen der Alliierten gelandet waren. Die Erde aus der Provinz Nord-Brabant ist mit der Asche von eingeäscherten Gefangenen aus dem Lager Vught vermischt. Das Nationalmonument wird damit zu einem symbolischen Grab für alle Menschen, die ihr Leben für das Vaterland gegeben haben.

Am 4. Mai 1956 enthüllt Königin Juliana (die Tochter von Wilhelmina) ein neues Denkmal. Es wurde am Ort des alten Monuments errichtet und ist bis heute das Nationalmonument auf dem Dam.

Die Vereinten Nationen beschließen die Völkermord-Konvention

9. Dezember 1948 Paris

Am 9. Dezember 1948 beschließt die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Völkermord-Konvention. Am 12. Januar 1951 tritt das Abkommen in Kraft. Die offizielle Bezeichnung lautet Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide. Damit soll Genozid (Völkermord) verhindert werden, und Täter sollen strafrechtlich verfolgt werden.

Genozid oder Völkermord gilt damit im internationalen Recht als Verbrechen. Darunter fallen alle „Handlungen, die in der Absicht begangen werden, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören.“

Den Begriff Genozid prägte der polnisch-jüdische Jurist Raphael Lemkin. Er ersann dieses Wort, um die Verbrechen der Nazis zu beschreiben. Für Lemkin war die Annahme der Völkermord-Konvention auch eine persönliche Angelegenheit. Der größte Teil seiner Familie wurde im Krieg von den Nazis ermordet.

Japan bombardiert Pearl Harbor: Hitler erklärt den USA den Krieg

7. Dezember 1941 Pearl Harbor

Am Samstagmorgen, dem 7. Dezember 1941, trifft eine japanische Kriegsflotte im amerikanischen Marinestützpunkt Pearl Harbor auf Hawaii ein. Mit Bomben und Torpedos greifen die Japaner die Amerikaner an. Mehr als 3.500 Amerikaner sterben oder werden verletzt. Achtzehn Kriegsschiffe werden versenkt, Hunderte Flugzeuge zerstört oder beschädigt.

Japan greift die Vereinigten Staaten an, um zu verhindern, dass die Amerikaner die japanischen Pläne zur Gebietsvergrößerung in Asien vereiteln. Der Überraschungsangriff wurde perfekt ausgeführt, doch Japan hat die USA damit nicht besiegt. Die angerichteten Schäden lassen sich in kurzer Zeit beheben, und die wichtigsten amerikanischen Flugzeugträger liegen zu diesem Zeitpunkt in anderen Häfen. Die Vereinigten Staaten können deshalb schnell zurückschlagen.

Japan greift an diesem Tag auch Singapur, Malaysia, Hongkong, Thailand und amerikanische Stützpunkte auf den Philippinen und Guam an. Dadurch tritt Japan in den Krieg mit Großbritannien und Kanada ein. Auch Australien, Neuseeland und die Niederlande erklären Japan den Krieg, der sich schnell über Ostasien verbreitet.

Die amerikanische Bevölkerung sieht den Angriff als heimtückischen Akt und steht geschlossen hinter der Entscheidung der Regierung, Japan den Krieg zu erklären. Daraufhin erklärt Hitler am 11. Dezember 1941 den USA den Krieg. Deutschland ist nämlich ein Bündnispartner Japans. Hitler hat es jetzt mit einem neuen, starken Gegner zu tun. Die USA kämpfen von nun an gemeinsam mit den Allierten gegen Nazideutschland.

Wannseekonferenz. Nazis organisieren die Ermordung der europäischen Juden

20. Januar 1942 Wannsee, Berlin

Am 20. Januar 1942 treffen sich fünfzehn hochgestellte Nazis in einer Villa am Wannsee in Berlin. Auf dieser Konferenz besprechen sie die geplante Ermordung von elf Millionen europäischer Juden.

Die Nazis haben eine Zeitlang gedacht, sie könnten Juden ins Ausland emigrieren lassen, doch durch die Kriegsumstände ist das nicht mehr möglich. Statt dessen sollen die Juden in den Osten „evakuiert“ werden. Es wird damit gerechnet, dass „ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird“. Die übrig gebliebenen Juden werden „entsprechend behandelt“.

Ihre wahre Absicht verbergen sie hinter bürokratischer Sprache. Diese Worte stammen aus einem erhalten gebliebenen Protokoll der Konferenz. Was dort eigentlich steht, ist die Tatsache, dass die Nazis einen Völkermord organisieren. „Evakuieren“ bedeutet die Deportation in Konzentrations- und Vernichtungslager, und „entsprechend behandeln“ steht für „Mord“.

Hitler hat bereits eher beschlossen, dass alle europäischen Juden ermordet werden sollen. In der Sowjetunion agieren ab Juli 1941 deutsche Spezialeinheiten, sogenannte Einsatzgruppen, und töten jüdische Männer, Frauen und Kinder. Und im besetzten Jugoslawien finden seit dem Frühjahr 1941 Hinrichtungen statt. Anfang 1942 sind bereits mehr als eine Million Juden ermordet worden.

Einführung des gelben Sterns in den Niederlanden

3. Mai 1942 Niederlande

Am 29. April 1942 kündigen die Nazis eine neue Schikane für die jüdischen Niederländer*innen an. Ab 3. Mai müssen sie ein Erkennungszeichen tragen: einen sechszackigen gelben Davidstern mit dem Wort „Jude“ in der Mitte.

Durch den Stern sind Menschen auf der Straße als Juden erkennbar. Die deutschen Besatzer wollen sie damit weiter von den nichtjüdischen Niederländern isolieren. Wer den Stern nicht trägt, wird streng bestraft. Man kann dafür in ein Konzentrationslager kommen.

Der „Judenrat“ erhält den Auftrag, die Sterne innerhalb von drei Tagen unter den jüdischen Niederländer*innen zu verbreiten. Sie sind verpflichtet, vier Sterne pro Person zu kaufen, für vier Cent pro Stück. Schon Kinder ab 6 Jahren müssen den Stern tragen. Insgesamt werden 569.355 „Judensterne“ verbreitet.

Manche Menschen tragen den Stern mit Stolz, viele andere empfinden es als Demütigung. Auch nichtjüdische Niederländer*innen zeigen, was sie von der neuen Verordnung halten. Manche Menschen protestieren dagegen, indem sie einen selbst gemachten Stern mit der Aufschrift „Katholik“ oder „Arier“ tragen. Andere grüßen Juden auf der Straße oder überlassen ihnen ihren Sitzplatz in der Straßenbahn. Doch nach einiger Zeit nimmt die Empörung ab und die Kluft zwischen Juden und Nichtjuden wird größer.

Die Familie Frank taucht unter

6. Juli 1942 Amsterdam

Am 5. Juli 1942 erhält Margot einen Aufruf für ein Arbeitslager in Deutschland. Sie gehört zu der ersten Gruppe von Jüdinnen und Juden in den Niederlanden, die solch einen Deportationsbescheid erhalten. Ihre Eltern wollen sie nicht gehen lassen, doch wer sich widersetzt, wird verhaftet. Otto und Edith sind vorbereitet und planen, am 16. Juli unterzutauchen. Otto hat im hinteren Bereich seines Firmengebäudes ein Versteck eingerichtet. Wegen Margots Aufruf gehen sie früher.

Am Morgen des folgenden Tages verlassen sie ihre Wohnung. Ihrem Untermieter sagen sie, sie würden in die Schweiz gehen.

Anne schreibt ein paar Tage später im Tagebuch über das Leben im Versteck:

„Aus dem Fenster schauen oder nach draußen gehen dürfen wir natürlich nie. Außerdem müssen wir leise sein, denn unten dürfen sie uns nicht hören.“

Die Familie Frank erhält Hilfe von sechs Angestellten und Freunden von Otto, aber die Lagerarbeiter im Erdgeschoss wissen nichts vom Versteck. Nur der Vater der Helferin Bep Voskuijl ist eingeweiht. Er ist Lagermeister und hat auf alles ein wachsames Auge.

Schlacht um Stalingrad: eine große Niederlage für Deutschland

Februar 1943 Stalingrad

Der deutsche Generalfeldmarschall Friedrich Paulus und seine 6. Armee ergeben sich am 31. Januar 1943 der Roten Armee (der Armee der Sowjetunion). Von der deutschen Armee ist fast nichts mehr übrig. Nach fünf Monaten Kampf erlebt Deutschland eine vernichtende Niederlage.

Ende August 1942 startet die deutsche Wehrmacht einen Großangriff, um die russische Stadt Stalingrad zu erobern. Die Eroberung hat nicht nur ein strategisches Ziel. Da die Stadt den Namen des sowjetischen Staatsführers Josef Stalin trägt, hat sie einen großen symbolischen Wert.

Beschießungen und Bombardierungen verwüsten Stalingrad, doch um die Stadt zu erobern, müssen die deutschen Soldaten Haus für Haus gegen die Soldaten der Roten Armee kämpfen. Sie werden dabei von Heckenschützen beschossen, die sich in den Trümmerbergen verstecken. Als der strenge russische Winter einsetzt, wird die Lage noch schwieriger.

Für die Rote Armee hingegen ist der Winter ein Vorteil. Das Eis ist nun so dick, dass Panzer die Flüsse überqueren können. Während die Straßenkämpfe weitergehen, gelingt es den Sowjets Ende November 1942, die Stadt mit ihren Panzern einzukesseln. Die deutsche Armee sitzt in der Falle, aber gibt noch nicht auf. Erst nach sechs Wochen fällt der Vorhang. Auf beiden Seiten sind Hunderttausende Soldaten gefallen.

Die Schlacht um Stalingrad ist ein wichtiger Wendepunkt im Krieg. Nun hat sich gezeigt, dass die deutsche Wehrmacht nicht unbesiegbar ist. Das gibt der Sowjetunion und auch den Menschen in den besetzten Gebieten neue Hoffnung.

Der Widerstand verübt einen Anschlag auf das Einwohnermeldeamt Amsterdam

27. März 1943 Amsterdam

Am Samstagabend, 27. März 1943, verüben neun Mitglieder einer Widerstandsgruppe einen Anschlag auf das Melderegister der Stadt Amsterdam. Als Polizisten verkleidet, überwältigen sie die Wachleute. Die Widerstandkämpfer öffnen die Aktenschränke, werfen die Dokumente auf den Boden und übergießen sie mit einer brennbaren Flüssigkeit. Dann bringen sie Sprengsätze an und verlassen den Ort. Kurz darauf gibt es fünf Explosionen, und ein Großfeuer bricht aus, das noch im weiten Umkreis zu sehen ist.

Die Männer gehören zu einer Widerstandsgruppe, die gefälschte Ausweise herstellt. Weil das Risiko besteht, dass die Fälschungen bei einem Datenabgleich mit dem Melderegister entdeckt werden, will die Gruppe das Register vernichten.

Der Anschlag gelingt nur zum Teil. Ein Teil des Hauses ist verbrannt und eingestürzt, doch der größte Teil steht noch. Nur 15% des Datenbestandes geht vollständig verloren. Trotzdem ist das Register noch lange Zeit unbrauchbar, und in dem Durcheinander können Beamte, die mit dem Widerstand zusammenarbeiten, auch neue, falsche Personendaten in der Kartei unterbringen.

Durch Verrat entdeckt der deutsche Sicherheitsdienst schon bald, wer hinter dem Anschlag steckt. Fast alle Beteiligten und ihre Helfer werden am 2. Juli 1943 von den Nazis erschossen. Drei von ihnen landen im Gefängnis. Einige andere können untertauchen.

Alle Juden aus Amsterdam werden deportiert

20. Mai 1943 Polderweg, Amsterdam

Am 20. Mai 1943 melden sich ungefähr 750 Jüdinnen und Juden beim Gebäude der Militärpolizei am Bahnhof Muiderpoort in Amsterdam. Sie befolgen eine Anordnung von „SS- und Polizeiführer“ Rauter, dass sich kein einziger Jude mehr ohne Genehmigung in Amsterdam aufhalten darf. Nur Juden mit einer sogenannten „Sperre“ dürfen noch in der Stadt bleiben.

Die Menschen kommen abends in Westerbork an. Mindestens zwei von ihnen, ein Ehepaar, werden fünf Tage später in das Vernichtungslager Sobibor verschleppt und dort am 28. Mai 1943 vergast. Was mit den anderen geschah, ist nicht bekannt, da ihre Namen nicht bekannt sind.

Rauter ist unzufrieden, weil nur so wenig Menschen an diesem Tag die Aufforderung befolgt haben. Wenige Tage später veranstalten die Deutschen eine Großrazzia im Zentrum Amsterdams. Sie nehmen ungefähr 3.000 Menschen fest und bringen sie nach Westerbork. Außerdem zwingen die Deutschen den „Judenrat“, die „Sperre“ für eine große Zahl von Menschen aufzuheben und sie auf die Liste für das Lager Westerbork zu setzen.

D-Day: Die Alliierten landen in Frankreich

6. Juni 1944 Normandie

Am 6. Juni 1944 beginnt kurz nach Mitternacht D-Day, eine groß angelegte Militäroperation. Mehr als 5.000 Schiffe transportieren 150.000 alliierte Soldaten und 1.500 Panzer an die Küste der Normandie in Frankreich.

Zwei Jahre lang wurde die „Operation Overlord“ hinter den Kulissen vorbereitet. Ziel ist die Errichtung eines Militärstützpunkts auf dem europäischen Festland. Von dort aus können die Alliierten die von Deutschland besetzten Länder befreien und in Richtung Berlin vorrücken. Und wenn Deutschland auch im Westen kämpfen muss, wird der Kampf für die Sowjetunion etwas erleichtert.

Die Deutschen erwarten einen Angriff in Calais und nicht in der Normandie. Denn in Calais ist der Ärmelkanal, die Meerenge zwischen Großbritannien und Frankreich, am schmalsten. Entlang der gesamten französischen Küste hat die deutsche Wehrmacht eine halbe Million Soldaten stationiert. Außerdem haben die Deutschen dort den Atlantikwall errichtet, eine stabile Verteidigungslinie.

Die Alliierten gehen an mehreren Küstenabschnitten der Normandie an Land. Der Angriff wird durch Bombardierungen und Landungen von Fallschirmspringern unterstützt. An einigen Stellen können sie die Deutschen leicht zurückdrängen, doch an anderen Orten stoßen sie auf größere Gegenwehr. An der Landungszone „Omaha Beach“ ist es den amerikanischen Bombern nicht gelungen, die deutsche Verteidigungslinie massiv zu treffen. Dort schießen die Deutschen die Soldaten nieder, die versuchen, an Land zu gelangen. Manche kommen nicht einmal so weit und ertrinken, nachdem sie das Schiff verlassen haben.

Am Ende des D-Day haben die Alliierten einen Stützpunkt auf dem Festland errichtet. Die Deutschen versuchen lange, ihre Stellungen zu halten. In der Normandie wird noch zwei Monate lang gekämpft, bevor es den Alliierten gelingt, in Frankreich weiter vorzurücken. Am 15. August landen die Alliierten auch in Südfrankreich. Die Hauptstadt Paris wird am 25. August befreit, und Mitte September 1944 ist die deutsche Armee fast aus Frankreich vertrieben.

Die Rote Armee erobert Berlin

2. Mai 1945 Berlin

Am 2. Mai 1945 besetzen sowjetische Truppen den Berliner Reichstag und hissen auf dem Dach die sowjetische Fahne. Es ist der Höhepunkt eines zwei Wochen dauernden Kampfes, um die deutsche Hauptstadt zu erobern.

Die Militäroperation beginnt am 16. April mit einem Großangriff auf die Seelower Höhen, die deutsche Verteidigungslinie an der Oder. Die Rote Armee feuert bei diesem Angriff eine Million Granaten ab. Obwohl es Nacht ist, ist der Horizont von Explosionen und Suchscheinwerfern erleuchtet, die die deutsche Armee blenden. Nach zwei Tagen mit schweren Kämpfen durchbricht die Rote Armee die deutsche Verteidigung und am 25. April hat die sowjetische Armee Berlin eingeschlossen.

Hitler hat befohlen, die Stadt „bis auf den letzten Mann“ zu verteidigen. In den Straßen sind Barrikaden errichtet worden, damit Panzer und Soldaten nicht weiterkommen. Da es nicht genügend Soldaten gibt, bekommen die Jungen der Hitlerjugend und die älteren Männer vom Volkssturm den Befehl, bei der Verteidigung der Stadt zu helfen. Mit Handfeuerwaffen und Granaten haben sie keine Chance gegen die Rote Armee, und viele sterben einen sinnlosen Tod.

Am 2. Mai kapituliert Helmuth Weidling, der Befehlshaber der Berliner Verteidigungstruppen. Deutschland ist nun fast völlig besiegt.

Deutschland kapituliert: Die Niederlande sind befreit.

5. Mai 1945 Wageningen

Am 4. Mai 1945 ergibt sich die deutsche Armee in Nordwesteuropa den Alliierten unter dem Kommando des britischen Generals Montgomery. Am folgenden Tag soll nicht mehr gekämpft werden.

Am 5. Mai wird in Wageningen über die Kapitulation der deutschen Truppen in den Niederlanden verhandelt. Es wird festgelegt, wie sich die Deutschen zurückziehen und wann die Alliierten die Macht übernehmen.

Der kanadische General Charles Foulkes und der deutsche General Johannes Blaskowitz unterzeichnen die Vereinbarungen des Kapitulationsdokuments nachmittags um 16.30 Uhr. Auch Prinz Bernhard der Niederlande ist anwesend. Er ist der Kommandant der „Binnenlandse Strijdkrachten“, einer paramilitärischen Organisation des niederländischen Widerstandes. Am nächsten Tag werden die Einzelheiten weiter ausgearbeitet. Am 7. Mai übernehmen die Briten und Kanadier die Befehlsgewalt über die Niederlande.

Der Krieg ist nun vorbei. Seit 1946 feiern die Niederlande am 5. Mai den Befreiungstag.

Hohe Nazis stehen in Nürnberg vor Gericht

20. November 1945 Nürnberg

Vom 20. November 1945 bis 1. Oktober 1946 findet der erste Nürnberger Prozess statt. 24 hohe Funktionäre des Naziregimes stehen wegen ihrer Verbrechen im und vor dem Krieg vor Gericht. Nicht alle hochrangigen Nazis können zur Verantwortung gezogen werden. Hitler, Himmler und Goebbels haben Selbstmord begangen. Andere Nazis sind vermisst oder auf der Flucht. Der Prozess findet vor dem Internationalen Militärgerichtshof statt. Es gibt acht Richter, zwei für jedes Land der Alliierten: Frankreich, USA, Großbritannien und
Sowjetunion. Die vier Anklagepunkte lauten: Verschwörung, Führung eines Angriffskriegs, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Das Tribunal verhängt zwölfmal die Todesstrafe. Sieben Angeklagte erhalten Gefängnisstrafen von 10 Jahren bis lebenslänglich. Drei werden freigesprochen. Zwei andere werden nicht weiter strafrechtlich verfolgt.

Nach dem Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher folgen noch zwölf weitere Prozesse in Nürnberg. Hier stehen unter anderem Ärzte, Wehrmachtsoffiziere, Richter, Industrielle und Mitglieder der Einsatzgruppen vor Gericht.

Israel entführt Adolf Eichmann, den „Architekten des Holocaust“

11. Mai 1960 Buenos Aires - Jerusalem

Am 11. Mai 1960 wird Adolf Eichmann in Buenos Aires von einer Einheit des Mossad (des israelischen Geheimdienstes) entführt. Das Entführungskommando schmuggelt ihn aus dem Land und bringt ihn nach Israel, wo er vor Gericht gestellt wird.

Eichmann ist zu diesem Zeitpunkt schon seit 15 Jahren auf der Flucht. Nach dem Zweiten Weltkrieg geht er unter falschem Namen nach Argentinien, um sich nicht für seine Verbrechen während des Krieges verantworten zu müssen. Als SS-Angehöriger organisierte er die Deportation von Juden in Konzentrations- und Vernichtungslager. Eichmann war ein wichtiges Kettenglied bei der Planung und Umsetzung des Mordes an den europäischen Juden. Deshalb wird er manchmal auch als „Architekt“ des Holocaust bezeichnet.

Ein Jahr darauf beginnt der Prozess gegen Eichmann, der vier Monate dauert. Die ganze Welt ist Zeuge, da im Fernsehen, Rundfunk und in der Presse darüber berichtet wird. Durch die vielen Zeugenaussagen im Prozess erfährt das große Publikum die schrecklichen Einzelheiten des Holocaust. Zum ersten Mal findet die Verfolgung der Juden breite Aufmerksamkeit. Eichmann wird zum Tode verurteilt und am 1. Juni 1962 gehängt.

Gedenken an den Februarstreik und die Judenverfolgung in Amsterdam

25. Februar 1947 Waterlooplein, Amsterdam

Ein schwarzes Tuch hängt um einen Mast. Am Fuß liegt ein Davidstern aus Tulpen. Eine Ehrenwache aus ehemaligen Widerstandskämpfern steht vor einem Kreis aus Tausenden Blumen, die im Laufe des Tages von der Bevölkerung niedergelegt wurden. In ganz Amsterdam halten die Behörden und der öffentliche Nahverkehr eine Schweigeminute. Nach Angaben der Presse haben sich 10.000 Menschen auf dem Waterlooplein eingefunden. So gedenkt die Stadt des Februarstreiks und der Judenverfolgung, die sechs Jahre zuvor begann.

Die UNO verkündet die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

10. Dezember 1948 Paris

Am 10. Dezember 1948 verkündet die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Die unterzeichnenden Staaten erkennen damit die Existenz von Menschenrechten an, die für alle gelten.

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist eine Reaktion auf die Verbrechen der Nazis. Um die Freiheit von Menschen zu respektieren und zu garantieren, sind bestimmte Rechte notwendig. So steht in der Erklärung, dass Menschen gleiche Rechte haben, ungeachtet ihrer Herkunft. Diskriminierung ist also verboten. Außerdem haben Menschen das Recht auf freie Meinungsäußerung, Religionsfreiheit und eine unabhängige Gerichtsbarkeit. Andere Rechte betreffen den sozialen und wirtschaftlichen Bereich. Das sind u.a. das Recht auf Arbeit und das Recht auf eine eigene Kultur.

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte gilt noch immer als allgemeiner moralischer Standard und bildet die Grundlage für Organisationen, die sich für die Menschenrechte einsetzen.

Eröffnung internationales Jugendzentrum des Anne Frank Hauses

3. Mai 1961 Amsterdam

Ein Jahr nach der Eröffnung des Hinterhauses als Museum wird auch das Internationaal Jeugdcentrum (Internationales Jugendzentrum) eröffnet. Es ist im Nachbarhaus untergebracht, Prinsengracht 265.

Im Jahr zuvor hat Otto Frank in einem Rundfunkinterview erklärt, was er mit dem Internationalen Jugendzentrum beabsichtigt:
„Das Anne Frank Haus ist eine Basis, aber das Internationale Jugendzentrum wird alles tun, um Anne Franks Ideale weiterzutragen: helfen und eintreten für Frieden, Toleranz und Verständnis.“

Kriegsbegeisterung

2. August 1914 Europa

Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs wird von vielen Menschen freudig begrüßt. Am 2. August 1914 gehen junge Deutsche auf die Straße und feiern mit patriotischen Liedern, dass sich ihre Armee für den Krieg bereit macht. Auch in Großbritannien und Frankreich ist die Begeisterung groß. So mancher meldet sich spontan als Freiwilliger zum Militär.

Viele Intellektuelle und Künstler reagieren euphorisch auf den Kriegsausbruch. Sie hoffen auf Veränderung und große Taten. In den am Krieg beteiligten Ländern empfinden viele ein Zusammengehörigkeitsgefühl mit ihren Landsleuten, da sie nun einem gemeinsamen Feind gegenüberstehen. Sie sehen ihren Gegner als Anstifter des Konflikts und betrachten ihre eigene Reaktion deshalb als gerechtfertigt. Eine Rolle spielt auch, dass fast alle mit einer kurzen Dauer des Krieges rechnen und von ihrem Sieg überzeugt sind.

Weniger begeistert sind die Bauern. Weil sie und ihre Söhne an die Front müssen, können sie die Ernte nicht einbringen. Pazifist*innen und Sozialist*innen protestieren sogar gegen den Krieg. Letztere sehen den Krieg als ein Machtspiel der herrschenden Klassen und sind der Ansicht, die Arbeiter sollten sich besser international vereinigen, statt aufeinander zu schießen.

Hitler als Soldat im Ersten Weltkrieg

1. Juli 1916 France

Als der Erste Weltkrieg ausbricht, meldet sich Adolf Hitler begeistert als Freiwilliger zum deutschen Heer. Er wird den Bodentruppen an der Westfront zugeteilt. Als Meldegänger überbringt er Nachrichten der Armeeführung an die Front. Es ist eine gefährliche Tätigkeit, jedoch bei weitem nicht so gefährlich wie das Leben der Frontsoldaten. Im Dezember 1914 erhält Hitler das Eiserne Kreuz II. Klasse für seine Tapferkeit. In einem Brief an seinen ehemaligen Hauswirt schreibt er: „Es war der glücklichste Tag meines Lebens.“

Am 5. Oktober 1916 wird er von einem Granatsplitter verwundet. Fünf Monate später ist er wieder zurück an der Westfront. Die Hälfte von Hitlers Regiment wird im April 1918 bei Angriffen verwundet oder fällt. Hitler erhält, möglicherweise auf Fürsprache eines jüdischen Offiziers, seine zweite Auszeichnung: das Eiserne Kreuz I. Klasse.

Als Deutschland im November 1918 den Krieg verliert, liegt Hitler in einem Lazarett. Durch einen Giftgasangriff ist er vorübergehend erblindet. Die Nachricht von der deutschen Kapitulation stürzt ihn in eine tiefe Krise. Hitlers Kriegserfahrungen haben einen großen Einfluss auf sein Leben und Denken. Unter dem Eindruck des verlorenen Krieges radikalisiert er sich und wird politisch aktiv.

Trümmerhaufen nach der Dritten Flandernschlacht

5. Oktober 1917 Ypern

Die Dritte Flandernschlacht, auch als Dritte Ypernschlacht oder Schlacht von Passendale bekannt, findet zwischen dem 31. Juli und dem 10. November 1917 statt. Sie ist eine der blutigsten Schlachten des Ersten Weltkrieges. Belgische, britische, kanadische, australische und neuseeländische Truppen kämpfen gegen die deutsche Armee bei der belgischen Stadt Ypern. Auf beiden Seiten fallen Hunderttausende Soldaten oder werden verwundet.

Der deutsche Kaiser flieht in die Niederlande

10. November 1918 Eijsden

Am 10. November 1918 meldet sich der deutsche Kaiser Wilhelm II. am niederländischen Grenzübergang in Eijsden. Am Tag zuvor wurde er abgesetzt, und er fürchtet sich vor deutschen Revolutionären. Die Entente-Mächte wollen ihn wegen Kriegsverbrechen vor Gericht stellen. Da die Niederlande im Ersten Weltkrieg neutral waren, bittet er in diesem Land um politisches Asyl. Die niederländische Regierung ist über sein Kommen bereits im Bilde und lässt ihn einreisen.

Wilhelm II. wohnt zuerst im Schloss Amerongen. Ab 1920 erhält er ein festes Domizil: Haus Doorn. Hier stirbt er 1941 im Alter von 82 Jahren. Er wird in einem kleinen Mausoleum im Park von Haus Doorn beigesetzt.

Die belgische Armee besetzt Aachen

30. November 1918 Achen

Am 30. November 1918 überschreiten belgische Truppen die deutsche Grenze und marschieren in Aachen ein. Damit beginnt die Besetzung des linksrheinischen Gebietes von Aachen bis Kleve.

Nach dem Waffenstillstand am 11. November 1918 muss sich Deutschland auf seinem Territorium bis hinter den Rhein zurückziehen. Die Armeen Belgiens und Frankreichs übernehmen entlang ihren Grenzen die Macht auf deutschem Gebiet.

Nach eineinhalb Jahren zieht die belgische Armee ab, und die Franzosen übernehmen die Kontrolle über ihr Gebiet. Sie bleiben bis 1929. Großbritannien hält das Gebiet rund um Köln bis 1926 besetzt.

Die Polizei bewacht eine Bäckerei in Berlin

1923 Berlin

Im Jahr 1923 ist das deutsche Geld so wenig wert, dass Lebensmittel unbezahlbar werden. Die Polizei muss vor Läden für Ordnung sorgen. Die Menschen haben sehr viel Geld bei sich. Sie müssen lange warten, bis sie an der Reihe sind, weil es so lange dauert, das Geld zu zählen.

Deutschland hat nach dem Ersten Weltkrieg große finanzielle Probleme. Die deutsche Regierung hat den Krieg über Anleihen finanziert, die zurückgezahlt werden müssen. Außerdem muss das Land Reparationen an Frankreich, Belgien, Luxemburg, Italien und Großbritannien leisten.

Da die deutsche Wirtschaft nicht genügend Einnahmen erbringt, z.B. durch Handel mit dem Ausland, reicht das Geld nicht aus, um die Schulden zu bezahlen. Um trotzdem an Geld zu kommen, lässt die Regierung immer mehr Papiergeld drucken und wechselt es gegen ausländische Währung ein. Doch dieses Geld ist nicht durch materielle Gegenwerte gedeckt. Das führt zu einer Hyperinflation, also einer drastischen Verringerung des Geldwertes. Während ein Dollar im August 1922 den Wert von 1000 Reichsmark hatte, war der Kurs bis Ende 1923 auf 4,2 Billionen (4.200.000.000.000) Reichsmark gestiegen.

Die Menschen können sich für ihr Geld nichts kaufen und gehen zu Tauschgeschäften über. Viele werden arbeitslos, und Ersparnisse haben sich in Nichts aufgelöst. Erst Ende 1923 gelingt es einer neuen Regierung, die Inflation zu stoppen mit Hilfe einer neuen Währung: der Rentenmark.

Die Dolchstoßlegende

18. November 1919 Berlin

Im Jahr 1919 befragt ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss den Oberbefehlshaber des deutschen Heeres, Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, zu den Ursachen für die deutsche Niederlage im Ersten Weltkrieg. Hindenburg ist der Ansicht, Deutschland habe verloren, weil die neue deutsche Regierung ihn nicht unterstützt und Friedensverhandlungen aufgenommen habe. Außerdem sei das deutsche Heer durch die revolutionäre Stimmung in der Armee und im Inland geschwächt gewesen. Er zitiert einen britischen General, der gesagt haben soll: „Die deutsche Armee ist von hinten erdolcht worden.“

Hindenburg spielt damit auf die Dolchstoßlegende an. Das ist eine Verschwörungstheorie, die besagt, das deutsche Heer sei nicht auf dem Schlachtfeld besiegt worden, sondern hätte aufgrund von Verrat seitens sozialdemokratischer, jüdischer und kommunistischer Politiker den Waffenstillstand akzeptieren müssen. In Wirklichkeit hat die Heeresleitung Fehler gemacht, und die deutsche Armee war nicht in der Lage, noch länger zu kämpfen. Generäle wie Hindenburg und Ludendorff verbreiteten jedoch diese Lesart, um nicht ihre Fehler bei der Kriegsführung zugeben zu müssen.

Rechtsextreme, nationalistische und antisemitische Gruppierungen sehen diesen „Dolchstoß“ als Folge einer internationalen jüdischen Verschwörung.

Ähnliche Lügengeschichten kursieren bereits während des Krieges über die angeblich fehlende Vaterlandsliebe bei den deutschen Juden. Deshalb veranstaltet die deutsche Regierung im Jahr 1916 sogar eine „Judenzählung“ in der Armee. Daraus geht hervor, dass Juden im Verhältnis zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung genau so häufig an der Front kämpfen wie Nichtjuden. Doch die Ergebnisse dieser Untersuchung werden nicht veröffentlicht.

Verleumderische Propaganda wie die Dolchstoßlegende trägt zu Antisemitismus und Hass gegen die Regierung bei. 1921 ermorden Mitglieder eines Freikorps den Politiker Matthias Erzberger, der 1918 den Waffenstillstand unterzeichnet hatte. Mehrere jüdische und sozialdemokratische Politiker werden in den folgenden Jahren Opfer von rechtsextremistischen Mordanschlägen.

Erster Synagogengottesdienst nach dem Krieg

9. Mai 1945 Amsterdam

Am 9. Mai 1945 versammeln sich rund tausend überlebende Jüdinnen und Juden in der Portugiesischen Synagoge Amsterdams zu einem Gottesdienst. Manche sind kilometerweit zu Fuß gelaufen. Zehn Tage später findet ein Gottesdienst in der Gerard Dou Synagoge statt, der einzigen anderen Amsterdamer Synagoge, die im Krieg nicht beschädigt wurde.

Die Negba fährt nach Israel

6. Oktober 1948 Amsterdam

Eines der ersten Schiffe, die legale Einwanderer nach Israel bringen dürfen, ist die Negba. Am 6. Oktober 1948 läuft das Schiff in Amsterdam aus. An Bord sind 670 Reisende aus den Niederlanden und anderen Ländern, die die Judenverfolgung überlebt haben, darunter mehr als 500 jüdische Kinder, die in den Niederlanden und in Schweden Aufnahme gefunden hatten. Nach 12 Tagen läuft das Schiff in Haifa ein. Danach fährt es im Liniendienst zwischen Amsterdam und Haifa.

In den ersten acht Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg verlassen fast 4500 Jüdinnen und Juden die Niederlande. Die meisten gehen in die USA und nach Kanada. Etwa 1500 wandern nach Israel aus.

Der Reichstagsbrand

27. Februar 1933 Berlin

Am 27. Februar bricht ein Brand aus im Berliner Reichstag. Die Wachleute überwältigen einen mutmaßlichen Brandstifter: den niederländischen Kommunisten Marinus van der Lubbe. Das Gebäude wird schwer beschädigt. Das Parlament muss danach woanders tagen. Die Naziführer nehmen die Brandstiftung als willkommenen Anlass, mit ihren politischen Gegnern abzurechnen: den Kommunisten und den Sozialdemokraten. Hitler überzeugt sein Kabinett davon, dass die Brandstiftung Teil eines Putschversuchs sei. Reichspräsident Paul von Hindenburg verkündet deshalb den Ausnahmezustand. Diese sogenannte „Reichstagsbrandverordnung“ schränkt die Freiheiten und Rechte der Bevölkerung stark ein. Damit ist die Basis für die Nazidiktatur geschaffen.

Aufgrund der Notverordnung sind die Freiheit der Meinungsäußerung, die Versammlungsfreiheit und das Briefgeheimnis außer Kraft gesetzt. Die Polizei kann willkürlich Hausdurchsuchungen machen und Menschen festnehmen. Die Nazis benutzen diese Befugnisse, um ihre politischen Gegner zu verfolgen. Schon innerhalb weniger Wochen werden 10.000 Kommunisten verhaftet.

Marinus van der Lubbe kann seine Unschuld nicht beweisen und wird zum Tode verurteilt. Es gibt auch Hinweise, der Naziführer Hermann Göring habe die Brandstiftung veranlasst, um die Kommunisten beschuldigen zu können. Doch auch das konnte nie bewiesen werden.

Dachau errichtet: Das erste Konzentrationslager

22. März 1933 Dachau

Im März 1933 eröffnen die Nazis in Dachau in der Nähe von München ihr erstes Konzentrationslager. Kurz darauf folgt das Konzentrationslager Oranienburg nördlich von Berlin. Im Emsland nahe der niederländischen Grenze entstehen die Lager Esterwegen und Börgermoor. In diesen Lagern müssen die Gefangenen Zwangsarbeit in der Moorkultivierung leisten.

In diese Lager sperren die Nazis die Tausende von Menschen, die sie seit Hitlers Machtübernahme verhaftet haben. Alle Gefängnisse sind überfüllt. Allein im Monat April werden Zehntausende Menschen festgenommen. Viele Opfer werden ohne Anklage inhaftiert. Die Nazis nennen das „Schutzhaft“.

Die Konzentrationslager sollen die Bevölkerung auch einschüchtern. Sie machen deutlich, was mit den Menschen geschieht, die sich gegen die Regierung wenden. Schon bald verbreiten sich Geschichten und Gerüchte über die Missstände in den Lagern.

Die Gefangenen werden misshandelt und gefoltert, manche sogar ermordet. Insbesondere jüdische Häftlinge und bekannte Gegner des Naziregimes haben es schwer.

Die Nazis bauen Autobahnen

23. September 1933 Frankfurt am Main

Adolf Hitler setzt den ersten Spatenstich für den Bau der Autobahn von Frankfurt am Main nach Heidelberg.

Anders als oft geglaubt, war die Autobahn keine Erfindung der Nazis. Die ersten Pläne für eine Schnellstraße in Deutschland gab es schon vor dem Ersten Weltkrieg. Kölns Oberbürgermeister Konrad Adenauer war für den Bau einer 1932 fertiggestellten Schnellstraße zwischen Bonn und Köln verantwortlich.

Die Nazis waren am Anfang sogar gegen Schnellstraßen. Sie hielten Autobahnen für einen überflüssigen Luxus – nur zum Vergnügen der Reichen und ohne Nutzen für das Volk. Aber als sie an die Macht kommen, wird die Autobahn zu einem Symbol des Fortschritts, der Arbeitsbeschaffung und des Wohlstandes, den das Naziregime verspricht. Deshalb werden die Autobahnen als „Straßen Adolf Hitlers“ bezeichnet. Allerdings werden weniger Schnellstraßen angelegt als geplant, da immer mehr Menschen für das Militär und die Kriegsindustrie benötigt werden.

Bücherverbrennungen an deutschen Universitäten

10. Mai 1933 Deutschland

Am 10. Mai 1933 organisieren nationalsozialistische Studenten Bücherverbrennungen an Universitäten in ganz Deutschland. Es ist eine symbolische Aktion, gerichtet gegen alles, was nach Ansicht der Nazis nicht zu Deutschland gehört. Werke von jüdischen, linken und pazifistischen Autoren wie Sigmund Freud, Karl Marx und Erich Maria Remarque gehen in Flammen auf.

Auf dem Berliner Opernplatz ist Propagandaminister Joseph Goebbels einer der vielen Anwesenden. Er schaut beifällig zu, wie ein Studentenführer brüllt: „Übergebt alles Undeutsche dem Feuer!“ Für die Nazis ist alles „undeutsch“, was nicht ihrer Ideologie entspricht.

Der ins Ausland geflohene linke Schriftsteller Oskar Maria Graf verfasst einen flammenden Protest. Er verlangt, dass auch seine Bücher verbrannt werden, damit sie „nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbande gelangen.“

Hitler unternimmt einen Putschversuch

8. November 1923 München

Anfang der Zwanzigerjahre herrscht in Deutschland eine politische und ökonomische Krise. Rechtsextremisten und Nationalisten versuchen in diesem Chaos, ihre Macht auszuweiten. Unter ihnen sind Adolf Hitler und Erich Ludendorff, ein General aus dem Ersten Weltkrieg. Sie meinen, die Zeit sei reif für einen Putsch. Sie wollen die Macht im Freistaat Bayern ergreifen und dann nach Berlin marschieren, um die Reichsregierung abzusetzen.

Am Abend des 8. November 1923 dringt Hitler zusammen mit SA-Männern (Sturmabteilung - die paramilitärische Kampforganisation der NSDAP) in den Münchner Bürgerbräukeller ein. Dort tagen gerade bayerische Politiker. Um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen, feuert Hitler mit einem Revolver in die Decke und erklärt dann, die „nationale Revolution“ habe begonnen. Anschließend geht er mit dreien der Politiker in einen Nebenraum. Er nimmt ihnen das Versprechen ab, ihn bei seinem Vorhaben, die Regierung in Berlin zu Fall zu bringen, zu unterstützen. Doch am nächsten Tag widerrufen die drei ihr Versprechen und schalten Polizei und Armee ein.

Hitler und seine Spießgesellen veranstalten daraufhin einen Marsch durch München. Sie hoffen, dass die Bevölkerung und die Armee sich ihnen anschließen. Das ist nicht der Fall. Die Polizei stellt sich ihnen entgegen, und es kommt zu einem Feuergefecht. Sechzehn von Hitlers Mitstreitern kommen durch Polizeikugeln um, darunter der Mann, der neben Hitler marschiert.

Zwei Tage später verhaftet die Polizei Hitler in seinem Versteck. Im Prozess gegen die Putschisten zeigen sich die Richter empfänglich für Hitlers Argumente, er habe Deutschland retten wollen. Die Presse berichtet ausführlich über das Verfahren, und Hitler erhält so eine Bühne, um sich und seine Vorstellungen zu präsentieren. Er wird lediglich zu fünf Jahren Festungshaft verurteilt und schon nach knapp neun Monaten vorzeitig entlassen. Während der Haft hat er viele Freiheiten, und er schreibt in dieser Zeit sein Buch „Mein Kampf“.

Spareransturm auf eine Berliner Bank

13. Juli 1931 Berlin

Ansturm deutscher Sparer*innen auf eine Filiale der Sparkasse in Berlin nach dem Zusammenbruch der Danat-Bank (Darmstädter und Nationalbank). Sie wollen ihre Ersparnisse abheben und in ausländische Währung umtauschen. Die Danat-Bank ist die zweitgrößte Bank Deutschlands.

Der Ansturm auf die Banken ist eine Folge der weltweiten Finanzkrise, die im Oktober 1929 mit dem Börsenkrach begann, also den massiven Kurseinbrüchen an der New Yorker Wall Street.

Deutsche Firmen liehen sich bis dahin Geld von Banken in den USA, und dadurch kam die deutsche Wirtschaft wieder in Gang. Auch der deutsche Staat nahm Darlehen auf, um die im Versailler Vertrag festgelegten Reparationen zahlen zu können. Doch aufgrund der Krise verleihen die amerikanischen Banken kein Geld mehr.

Da das Deutsche Reich stark abhängig ist von diesen Darlehen, geht es mit der deutschen Wirtschaft zunehmend bergab. Nach dem Zusammenbruch der Danat-Bank vertrauen deutsche Investoren und Sparer auch anderen Banken nicht mehr. Sie heben ihre Ersparnisse ab und tauschen sie in ausländische Währung um. Um das zu stoppen, schließt die Regierung zwei Tage lang alle Banken und verbietet es, Reichsmark umzutauschen. Die Börsen bleiben für fast drei Wochen geschlossen. Danach wird die Wirtschaftskrise noch größer.

In Frankfurt kommt die NSDAP an die Macht

13. März 1933 Frankfurt am Main

Am Tag nach ihrem Sieg bei der Stadtverordnetenwahl hissen die Nazis eine Hakenkreuzfahne am Römer, dem Rathaus von Frankfurt am Main. Zwei Tage zuvor hat der Nazi Jakob Sprenger eine hasserfüllte antisemitische Rede gehalten: „Es ist eine Schande, dass zu dieser Stunde noch offiziell Juden und Judengenossen Frankfurts Rathaus beherrschen. Ich glaube, Frankfurt folgt morgen der Stimme des Führers der Deutschen. Morgen wird dieses Ungeziefer von Frankfurt, wird es ausgebrannt wie Wanzen, wird, wird es ausgeräuchert wie pestverdächtige Ratten, die (...) das Schiff nicht verlassen wollen. Frankfurt wird morgen deutsch, wird von morgen ab ein Fundament des nationalsozialistischen dritten Reiches.“

Jakob Sprenger ist „Gauleiter“ (regionaler Parteileiter der NSDAP) des Gaues Hessen-Nassau. Die NSDAP hat die Mehrheit in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung und stellt den neuen Oberbürgermeister, den Nazi Friedrich Krebs. Der jüdische Oberbürgermeister Ludwig Landmann hat unter großem Druck der Nazis am 11. März seinen Rücktritt eingereicht und flieht nach Berlin, da die SA ihn verhaften will.

Julius Streicher spricht im Berliner Sportpalast

15. August 1935 Berlin

Am 15. August 1935 findet im Berliner Sportpalast eine Massenveranstaltung der Nazis statt. Von den Tribünen hängen Spruchbänder mit antisemitischen Losungen. Zehntausende Menschen warten gespannt auf die Rede von Julius Streicher. Der Platz reicht nicht aus für den großen Andrang. Über Lautsprecher wird die Rede auch in die überfüllten Tennishallen neben der Haupthalle übertragen.

Julius Streicher ist bereits seit 1923 Herausgeber des Hetzblattes „Der Stürmer”, das antisemitische Propaganda verbreitet, häufig mit fast pornographischen Inhalten. In seiner Rede sagt er nichts Neues, doch weil er so selten in Berlin ist, wollen die Leute ihn persönlich sehen.

Ein Journalist der Prager Presse schreibt: „Die Rede war eine gesprochene Stürmernummer und enthielt detaillierte Schilderungen über die intimsten Dinge. (...) Streicher ist ein demagogischer Volksredner, er versteht es an die niedrigsten Instinkte seiner Zuhörer zu appellieren.”

Ein Flüchtling muss zurück nach Deutschland

1939 Zevenaar, Nederland

Zwischen 1933 und 1938 kommen rund 25.000 deutsch-jüdische Flüchtlinge in die Niederlande. Die meisten machen hier nur einen Zwischenstopp und reisen weiter in andere Länder. Die Regierung will keine Flüchtlinge anziehen und macht es Emigranten deshalb schwer, sich eine Existenz in den Niederlanden aufzubauen.

Im Januar 1938 werden strenge Regelungen eingeführt. Die Regierung ordnet an, dass prinzipiell kein einziger Flüchtling mehr ins Land gelassen werden darf. Jeder Geflüchtete gilt von nun an als unerwünschter Ausländer, sofern es keinen Beweis dafür gibt, dass sein Leben in Gefahr ist. Im Mai schließt die Regierung die Grenzen für deutsche Flüchtlinge völlig.

Als nach dem Novemberpogrom Tausende Juden aus Deutschland und Österreich fliehen, nimmt der Druck auf die niederländische Regierung zu. Sie erlaubt die Einreise von siebentausend Menschen.

Für alle Geflüchteten gilt, dass sie Deutschland aus Angst vor Verfolgung verlassen haben. Sie werden in Lagern untergebracht und haben keinerlei Bewegungsfreiheit. Zweitausend illegale Flüchtlinge kommen in separate Lager unter militärischer Aufsicht.

Neben Juden fliehen auch Sozialdemokraten und Kommunisten, linke politische Gegner der Nazis, in die Niederlande. Manche von ihnen sind jüdischen Glaubens und deshalb doppelt in Gefahr. Die Kommunisten werden von der niederländischen Roten Hilfe unterstützt, einer kommunistischen Organisation, die Tausenden Menschen hilft. Die niederländische Regierung wiederum ist gegen die Einreise von „roten Flüchtlingen“ und schiebt sie oft wieder nach Deutschland ab. Sogar Menschen, die aus einem Konzentrationslager entkommen sind, werden manchmal wieder an die Deutschen ausgeliefert.

Aufnahme von Geflüchteten: ein Lager bei Westerbork

August 1939 Westerbork

Zehntausende Juden fliehen aus Deutschland und Österreich in die Niederlande, um den Nazis zu entrinnen. Viele von ihnen reisen weiter in andere Länder, aber das gelingt nicht jedem. Für die Juden, die in den Niederlanden zurückbleiben, wird ein zentraler Unterbringungsort geschaffen: Centraal Vluchtelingenkamp (Zentrales Flüchtlingslager) Westerbork in der Provinz Drenthe. Niederländische Juden müssen auf Anordnung der Regierung die Errichtung des Lagers bezahlen.

Im Sommer 1939 beginnen die Bauarbeiten. Arbeiter in der „werkverschaffing“ (Arbeitsbeschaffung), einer staatlichen Maßnahme zur Beschäftigung von Arbeitslosen, zimmern die Baracken. Die ersten jüdischen Flüchtlinge, die im Oktober im Lager aufgenommen werden, sind Passagiere des Schiffs St. Louis, das in Kuba nicht anlegen durfte und nach Europa zurückgeschickt wurde. Sie helfen bei der Fertigstellung des Lagers mit.

Als Deutschland im Mai 1940 die Niederlande überfällt, wird versucht, die Bewohner des Lagers mit Zügen zu Häfen zu bringen, damit sie nach Großbritannien entkommen können, doch das misslingt. Die Flüchtlinge kehren zurück und können nicht mehr weg.

Adolf Hitler in Paris

23. Juni 1940 Paris

Adolf Hitler besucht Paris am Tag nach der Unterzeichnung des Waffenstillstands durch Frankreich. Er bewundert die Architektur in der Stadt und besucht Sehenswürdigkeiten. Auf den Eiffelturm kann er nicht, denn kurz vor der deutschen Besetzung haben die Franzosen die Aufzugkabel durchtrennt.

Schlacht um den Grebbeberg

11. Mai 1940 Rhenen

Einen Tag nach dem Einmarsch in die Niederlande erreicht ein Teil der deutschen Wehrmacht die Grebbelinie, etwa 60 Kilometer hinter der Grenze. Diese Verteidigungslinie besteht aus einem großen Hügel mit steilen Hängen. Am Fuß befinden sich Verteidigungsanlagen, und das Gelände davor wurde überflutet.

Der Angriff beginnt am 11. Mai. Einen Tag später haben die Deutschen die niederländische Verteidigung überrollt und den Grebbeberg fast komplett eingenommen. Am nächsten Morgen startet die niederländische Armee einen Gegenangriff, jedoch ohne Erfolg. Am späten Nachmittag geben die Niederländer den Kampf auf und die Truppen ziehen sich auf eine neue Verteidigungslinie weiter westlich zurück.